Themen > Maximilian I. Joseph > Das Ende des Ersten Weltkriegs 1918

Maximilian I. Joseph

 

Trennlinie 01

Das Ende des Ersten Weltkriegs 1918

Album aus der Zeit des Ersten Weltkriegs mit Feld- und Sammelpostkarten Album aus der Zeit des Ersten Weltkriegs mit Zeichnungen im Feldpostkartenformat
Karikatur zu Kaiser Wilhelms „herrlichen Zeiten“ Karikatur zur Lage Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg
Karikatur „Die Revolutionsnacht vor der Residenz“ in Gedichten und Illustrationen Karikatur „Die rote Flut“
weitere zeigen >


Friedensbemühungen von 1918 und Einführung der parlamentarischen Demokratie im Reich

Am 15. August 1918, nachdem die deutsche Offensive im Westen endgültig gescheitert war, forderte der bayerische Ministerrat die Reichsleitung auf, einen Verständigungsfrieden zu suchen. Nun war auch König Ludwig III. für Friedensverhandlungen. Die übrigen süddeutschen Länder schlossen sich dieser Initiative an. Am 2. September 1918 forderte der Auswärtige Bundesratsausschuss von Reichskanzler Georg Friedrich von Hertling (1843-1919) die Darlegung von Möglichkeiten für die Herbeiführung eines Friedens, Hertling blieb allerdings eine konkrete Antwort schuldig. 

Daher verlangten der Vorsitzende des bayerischen Ministerrats Otto Ritter von Dandl (1868-1942) und auch Kronprinz Rupprecht (1869-1955) die Ablösung von Hertlings durch Prinz Max von Baden (1867-1929). Dies geschah am 3. Oktober 1918. Am 30. September verordnete der Kaiser per Erlass, das Deutsche Reich in ein parlamentarischees Regierungssystem umzuwandeln. Der Reichstag beschloss diese Verfassungsänderung am 28. Oktober und bestätigte Reichskanzler Max von Baden im Amt.

 

Nach Niederlagen der mit dem Deutschen Reich verbündeten bulgarischen und osmanischen Armee im September verlangten die beiden Generalfeldmarschälle und Chefs der Obersten Heeresleitung (OHL), Paul von Hindenburg (1847-1934) und Erich Ludendorff (1865-1937) am 29. September 1918 von der politischen Führung erstmals die Ausarbeitung eines Waffenstillstandsabkommens und sprachen sich dafür aus, Verhandlungen mit der Entente einzuleiten.

Bereits am 4. Oktober 1918 schickte die neue deutsche Regierung unter Prinz Max von Baden ein Waffenstillstandsersuchen an die Ententemächte. Daraufhin erhob US-Präsident Woodrow Wilson (1856-1924) in drei diplomatischen Noten, die letzte vom 23. Oktober 1918, weit gehende Forderungen, unter anderem ein Ende des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs und die Umgestaltung der inneren politischen Verhältnisse im Deutschen Reich, letztlich indirekt die Abdankung des Kaisers. Da man von Seiten der bayerischen Regierung bereits Unruhen befürchtete, drängte von Dandl den Auswärtigen Bundesratsausschuss auf dessen letzter Sitzung am 20. Oktober 1918 zur Annahme der Forderungen von Wilson.

 

 

Abdankung von Kaiser Wilhelm II.?

Die Forderungen nach dem Rücktritt des Kaisers waren in Bayern bereits seit September bekannt. Ein US-Unterhändler hatte angeboten, Bayern könne mit Entgegenkommen rechnen, sollte Wilhelm II. auf bayerische Initiative hin zurücktreten. Nachdem dahingehend zunächst nichts unternommen worden war, änderte sich dies Ende Oktober. Um die öffentliche Ordnung zu wahren, keine Unruhen zu riskieren und um bessere Bedingungen für einen Friedensschluss zu erlangen, näherten sich nun Ministerpräsident von Dandl, der bayerische Kriegsminister Philipp von Hellingrath (1862-1939), der bayerische Diplomat und spätere Ministerpräsident Hugo Graf von und zu Lerchenfeld (1871-1944), Kronprinz Rupprecht und sogar König Ludwig III. diesem Gedanken an. Auch der Großteil der bayerischen Bevölkerung befürwortete ein Ende der Regentschaft Wilhelms II.

 

Ministerpräsident von Dandl übermittelte Reichskanzler Prinz Max von Baden diesen Wunsch. Um eine rasche Abdankung des Kaisers zu erreichen, bat Max von Baden König Ludwig III., als den höchsten Fürsten im Reich, Wilhelm II. die Abdankung über von Lerchenfeld direkt anzutragen. Nun zögerte Ludwig III. jedoch und konnte sich nicht zu diesem Schritt durchringen – Kaiser Wilhelm II. wurde nicht offiziell zum Rücktritt aufgefordert.

 

 

Kriegsaustritt Österreichs

Der Kriegsaustritt der im Herbst zusammenbrechenden Doppelmonarchie Österreich-Ungarn unter Kaiser Karl I. (1887-1922) brachte König Ludwig III. im Oktober 1918 in eine Zwickmühle: Nun war die Südgrenze Bayerns direkt bedroht. Zu einer Rückberufung der bayerischen Truppen unter dem Heeresgruppenführer Kronprinz Rupprecht von der West- an die Alpensüdfront konnte sich König Ludwig III. aber nicht entschließen – wohl aus Angst als Verräter Deutschlands gebrandmarkt zu werden.

Mit dem österreichischen Herrscherhaus aufs Engste familiär verbunden, sah er sich so gefangen zwischen Reichstreue und der (unsicheren) Möglichkeit, die bayerische Monarchie vor dem Untergang zu retten.

 

 

Bayerische Sonderfriedensverhandlungen und Loslösung vom preußischen Kaiserreich?

In Bayern wurde derweil die Frage diskutiert, ob man nicht einen eigenen, gesonderten Friedenschluss herbeiführen könnte. Die Sonderverhandlungen Österreichs nach dessen Kriegsaustritt wären dafür Vorbild gewesen. Gerade in den Krisenwochen im Oktober traten die Antipathien gegen Preußen bzw. gegen das mit ihm gleichgesetzte Reich und dessen militärische wie politische Vertreter stark hervor. Diese Stimmung zugunsten föderalistisch-eigenstaatlicher Konzepte erfasste auch Kronprinz Rupprecht und König Ludwig III. selbst.

 

Die partikularistische Stimmung kam mehreren Interessensgruppen gelegen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen: Monarchistische Kreise forderten eine klare Positionierung gegen Berlin, nachdem Ludwig III. in den Augen vieler lange Zeit zu nachgiebig und zu reichstreu gewesen war. Linksradikale hingegen sahen in einer Abkehr vom militärisch und obrigkeitsstaatlich geprägten Preußen die Chance, einen Volksstaat Bayern zu schaffen. Diese radikalen Forderungen, die auf eine vollständige Eigenständigkeit des Königreichs Bayern außerhalb des Kaiserreichs zielten, wurden vor allem vom Bayerischen Bauernbund auf der einen und von der USPD auf der anderen Seite unterstützt. Innerhalb der MSPD und bei den Liberalen stand man dieser reichskritischen Haltung fern, wenn diese darauf abzielte, nicht nur die Reichsführung samt Kaiser, sondern auch das Reich als solches abzuschaffen. Das Zentrum diskutierte zwar die Möglichkeit eines Sonderfriedens und somit die Loslösung Bayerns vom Reich, Initiativen blieben aber aus. Schlussendlich sah man vom Sonderfrieden ab.

 

 

Das Kriegsende im Deutschen Reich und in Bayern

Für den 29. Oktober 1918 hatte die deutsche Admiralität ein Auslaufen der Flotte angeordnet, der „ehrenvolle Untergang“ im „letzten Gefecht“ gegen die britische Royal Navy. Kriegstaktisch war dies ein völlig sinnloses Unterfangen. Bei Verkündung des Befehls am 24. Oktober kam es unter den deutschen Matrosen zu Meutereien. Diese Matrosenaufstände griffen von Wilhelmshaven aus schnell nach Kiel über und erfassten bald auch die Besatzungen der deutschen Schlachtschiffe. Der Aufstand in Kiel verschärfte sich ab Anfang November und weitete sich aus: Soldaten und Arbeiter schlossen sich den Matrosen an. Hieraus entwickelte sich im Lauf weniger Tage eine revolutionäre Umsturzbewegung im ganzen Kaiserreich.

In Bayern wurde bereits am 7. November 1918 der „Freistaat Bayern“ ausgerufen, wenige Tage später erreichte die Revolution die Reichshauptstadt Berlin. Am 9. November erklärte Reichskanzler Prinz Max von Baden eigenmächtig die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. und den Thronverzicht von Kronprinz Friedrich Wilhelm (1882-1951). Außerdem übertrug er sein Amt als Reichskanzler dem Vorsitzenden der deutschen SPD, Friedrich Ebert (1871-1925). Am selben Tag riefen der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann (1865-1939) die „Deutsche Republik“ und der Sozialist Karl Liebknecht (1871-1919) die „Freie sozialistische deutsche Republik“ aus. Kaiser Wilhelm II. begab sich ins niederländische Exil. Seine Abdankung unterzeichnete er am 28. November 1918.
Bereits seit dem 7. November wurde im Wald von Compiègne über einen Waffenstillstand verhandelt, der am 11. November 1918 von deutscher und alliierter Seite unterzeichnet wurde. Am 11. November 1918 schwiegen die Waffen – der Erste Weltkrieg war zu Ende.

 

Bereits vor dem formellen Kriegsende vom 11. November 1918 hatte der Vorsitzende des neu gebildeten Arbeiter-, Soldaten- und Bauernrats, Kurt Eisner (1867-1919), am 7. November 1918 den Kriegsaustritt Bayerns und das Ende der Monarchie erklärt. Er rief den „Volksstaat Bayern“ aus. Tags darauf wurde in einer öffentlichen Proklamation bekanntgegeben: „Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt. Hoch die Republik!“ Die Revolution hatte Bayern erfasst.

 

 

Die Folgen des Ersten Weltkriegs

Nach Kriegsende im November 1918 wurde erst das ganze Ausmaß dieses ersten mit modernsten technischen Mitteln geführten Massenkriegs deutlich: Die immensen Kriegsausgaben, die nur durch Staatsanleihen und Inflation zu schultern waren, hatten die Wirtschaftskraft der Staaten überfordert. Eine gigantische Zahl an Toten war zu beklagen: Weltweit starben insgesamt ca. 10 Millionen Menschen im Ersten Weltkrieg, etwa doppelt so viele wurden verwundet. In Deutschland ließen 2 Millionen (= 15 Prozent) von 13,25 Millionen Soldaten ihr Leben.  

Die deutschen Soldaten, die noch im Osten stationiert waren, kehrten erst im Lauf des Januars 1919 heim. Kronprinz Rupprecht legte noch am 11. November sein Kommando an der Westfront nieder und reiste über die Niederlande zurück nach Bayern. Sein Onkel Leopold (1846-1930) blieb, jetzt im Auftrag der deutschen Republik, bis Januar 1919 im Osten stationiert. Seit Kriegsbeginn im August 1914 waren rund 200.000 Bayern gefallen oder vermisst, Hunderttausende wurden verwundet und litten teilweise ein Leben lang an den Folgen. Die Residenzen in Ansbach, Würzburg und Bayreuth, die der König zur Nutzung als Lazarette und Erholungsheime für die verwundeten Soldaten freigegeben hatte, waren bald ebenso überfüllt wie die anderen bayerischen Lazarette und Krankenhäuser.

 

Der Vertrag von Versailles, der praktisch ohne Beteiligung des Deutschen Reichs ausgehandelt worden war, wurde am 28. Juni 1919 von alliierter und deutscher Seite unterzeichnet. Darin wurden abschließend die Gebietsverluste für das Deutsche Reich (unter anderem Elsass-Lothringen, Posen und Westpreußen, Memelgebiet, Danzig, Nordschleswig, Saargebiet und die deutschen Kolonien) und die deutschen Reparationskosten vereinbart sowie die Limitierung der militärischen Stärke des Deutschen Reichs festgelegt. Da im Versailler Vertrag die Kriegsschuld allein dem Deutschen Reich zugeschrieben wurde und die finanziellen und materiellen Kriegsreparationen für Deutschland sehr hoch waren, war in der deutschen Öffentlichkeit der Weimarer Republik bald die Rede vom „Schand- und Diktatfrieden“ von Versailles.

Der Frieden von Compiègne vom 11. November 1918 war von deutschen Politikern ausgehandelt worden, die Generalität war den Verhandlungen aber fern geblieben. So konnten die politisch Rechte und die Deutschnationalen in der Weimarer Republik die Legende von den „Novemberverbrechern“ erfinden: Die provisorische Reichsregierung und die demokratischen Parteien, allen voran die Linke mit SPD-Reichskanzler Ebert, hätten sich mit der Aushandlung und Unterzeichnung des Friedens des Vaterlandsverrats schuldig gemacht und seien der deutschen Armee in den Rücken gefallen. Diese „Dolchstoßlegende“ verkehrte die historischen Tatsachen und wurde gegen die neue republikanische Demokratie ins Feld geführt. Sie bestimmte das politische Klima der Weimarer Republik und wurde propagandistisch eingesetzt, unter anderem um die zahlreichen Attentate auf linke Politiker zu legitimieren. Die fortschreitende Radikalisierung der politischen Verhältnisse half so auch Adolf Hitler (1889-1945) und der NSDAP auf dem Weg zur Übernahme der Macht 1933.