Hohenwart


 

GESCHICHTE
Hohenwart – Benediktinerinnen zwischen Betstuhl und Prälatenbank

Die älteste Ansiedlung im Gebiet des heutigen Marktes Hohenwart ist auf dem Klosterberg zu suchen. Bis ins 11. Jahrhundert befand sich dort eine Burg im Besitz der Rapotonen. Im Jahr 1074 lebten von diesem Grafengeschlecht nur mehr die Geschwister Ortolf und Wiltrud. Wiltrud veranlasste ihren Bruder, ein Frauenkloster zu gründen. Die Existenz des Konvents sicherte umfangreicher Grundbesitz in Tirol und Schrobenhausen. Außer der Pfarrei Schrobenhausen gehörten weitere Pfarren zum Kloster Hohenwart.

Im 12. Jahrhundert lebte in Hohenwart die später selig gesprochene Reklusin Richildis. Zu Ehren Richildis wurde 1215 eine Kapelle errichtet, seit dem Ende des 15. Jahrhunderts fanden Pilgerfahrten zu ihren Reliquien statt.

Um 1240 wurde die Klosterkirche, eine dreischiffige romanische Basilika, erweitert. Im Jahr 1513 entstand der Hochaltar, der dem Umkreis Hans Leinbergers zugeordnet werden kann. Kloster samt Kirche wurden 1546 während des Schmalkaldischen Krieges geplündert und verwüstet.

Unter Äbtissin Barbara Benzinger (reg. 1563–1568) wurde der Konvent einer tiefgreifenden Reform im Geist des Konzils von Trient unterworfen. Hierbei erlangte der Pater Felizian Ninguarda (gest. 1595) als Visitator der bayerischen Benediktinerinnen große Bedeutung. Zwar förderte man keine wirklich groben Missstände zu Tage, doch der Lebensstil der Nonnen gab Anlass zu Kritik. Die Benediktinerinnen lebten damals in vielen Klöstern eher wie Angehörige eines Damenstifts. So glich die Profess einer Hochzeit, für vornehme Besucher wurden Gastmähler veranstaltet, Theaterstücke inszeniert sowie der Fasching maskiert begangen. Die Nonnen hielten sich Vögel, Katzen und Schoßhündchen. Die Äbtissin musste nicht innerhalb der Klausur leben und nur an hohen Festtagen am Chorgebet teilnehmen. Ninguardas Visitationen hatten neue Statuten zur Folge. Man orientierte sich wieder an der Tradition und bemühte sich zugleich, den Forderungen der tridentinischen Reformen zu entsprechen. 1590 gab sich das Kloster Kühbach im Bistum Augsburg neue Statuten, die zum Vorbild für Hohenwart wurden. Besonders wichtig war nun das Chorgebet. Täglich gesungen wurden Terz, Hochamt und Vesper. Die „Rekreation“, also die Möglichkeit zum gemeinsamen Gespräch nach dem Abendessen, wurde auf eine halbe Stunde eingeschränkt. Alle zwei Wochen mussten die Nonnen die Beichte ablegen, einmal im Monat die Kommunion empfangen. Auf besondere Schwierigkeiten stieß in den bayerischen Klöstern die Einhaltung der Klausur. So war es zuvor beispielsweise üblich gewesen, dass als Zeichen nachbarlicher Verbundenheit jede Nonne aus Kühbach einmal im Leben die Klöster Hohenwart und Geisenfeld besuchte. Nun musste für jedes Verlassen der Klausur der zuständige Bischof um Erlaubnis gebeten werden.

1632 plünderten die Schweden das Kloster Hohenwart. Der Konvent um Äbtissin Barbara Burger (reg. 1613–1633) flüchtete, kehrte aber bald nach Hohenwart zurück. Neben den Frauenklöstern Frauenwörth, Kühbach, Geisenfeld, Niederschönenfeld und Seligenthal war Hohenwart auf der Prälatenbank der bayerischen Landschaft vertreten. Anna Siebenaicher (reg. 1635–1679) bewies als Äbtissin großes wirtschaftliches Geschick. Parallel zum Wiederaufbau der stark beschädigten Abtei, gelang ihr 1668 zusätzlich der Ankauf der Propstei Elsendorf. Schon 1688 war der Grundstein für eine neue Kirche gelegt worden, zu Umbauten im Stil des Rokoko kam es jedoch erst 1739.

1803 wurde das Kloster aufgelöst. Nachdem sich kein Käufer für den Gebäudekomplex fand, gestattete man den Nonnen, ihren Konvent als Aussterbekloster weiterhin zu bewohnen.

1878 kaufte Professor Johann Evangelist Wagner, der Regens des Priesterseminars Dillingen, die leer stehenden Klostergebäude und richtete darin mit Hilfe der Dillinger Franziskanerinnen eine Taubstummenanstalt ein. Im Jahr 1895 brannten Kloster und Kirche ab, an ihrer Stelle entstanden Neubauten im Stil des Neobarock. Von den älteren Bauten blieben indes erhalten: die romanische Peterskapelle, der romanisch-gotische Kreuzgang, die spätgotische Richildiskapelle und die Klosterapotheke mit der wohl einzigartigen Darstellung "Christus der Apotheker" als Stuckarbeit des Rokoko aus dem Jahr 1739.   

Heute unterhält ein Konvent der Dillinger Franziskanerinnen in Hohenwart ein breites Angbot der Regens-Wagner-Stiftung für Menschen mit Behinderung. 

(Laura Scherr / Christian Lankes)



 

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