München, Hlg. Geist


 

GESCHICHTE
Das Münchner Heiliggeistspital ? Keimzelle für den Viktualienmarkt

Das Heiliggeistspital gilt als die bedeutendste mittelalterliche Stiftung Münchens. Bereits im frühen 13. Jahrhundert befand sich unmittelbar vor dem Stadttor zum ?Tal? (dem späteren Alten Rathausturm) ein Pilgerhospiz, das durch Schenkungen von Herzog Otto dem Erlauchten im Jahr 1251 zum Spital ?Heilig Geist? erweitert wurde. Als Spitalkirche wurde 1257 die Katharinenkirche geweiht, die später dann das Heiliggeist-Patrozinium erhielt.

Das Spital hatte die Sorge für Kranke, Arme, Obdachlose und Pilger zur Aufgabe. Die Leitung oblag ursprünglich wohl einfachen Spitalbrüdern, die nach der Regel des heiligen Augustinus lebten, wurde jedoch bald von den ?Chorherren vom Heiligen Geist? übernommen. Dieser Orden, der 1180 in Montpellier als Laienbruderschaft zur Armen- und Krankenpflege entstanden war, wurde 1204 päpstlich bestätigt und um die Mitte des 13. Jahrhunderts als Priesterorden nach der Augustinerregel organisiert. Die Spitäler des Ordens durften Kirchen mit eigenen Friedhöfen besitzen. Häufig erhielten sie sogar Pfarrrechte. So wurde 1271 auch in München das Heiliggeistspital aus der unmittelbar benachbarten alten Stadtpfarrei St. Peter herausgelöst und zur eigenen Spitalpfarrei erklärt. Deren pfarrherrliche Rechte und Pflichten beschränkten sich lediglich auf die Angehörigen des Spitals, also auf die Heiliggeistbrüder, die Spitalinsassen und das zahlreiche Personal der Anstalt.

Das Areal des Heiliggeistspitals, das sich unterhalb des Petersbergls befand, erstreckte sich über den größten Teil des heutigen Viktualienmarkts. Zu den Einrichtungen gehörten der Pfarrhof, die Häuser für die Pfründner und die Pfründnerinnen, drei Benefiziatenhäuser, eine Kinds- und Findelstube sowie später eine Gebärstube, die ?Rauchstube?, also eine Desinfektions- und Isolierstation für Menschen mit ansteckenden Krankheiten, und eine ?Narrenkeuche? für Tobsüchtige und Geisteskranke. Außerdem zählten zahlreiche Wirtschaftsgebäude zum Spitalkomplex, so etwa eine Brauerei, eine Schmiede und ein Bad. Südlich der Kirche befand sich ein eigener Friedhof (1543 an den heutigen Dreifaltigkeitsplatz abgerückt).

Bald nach dem großen Stadtbrand von 1327, bei dem auch das Spital zerstört wurde, verschwanden zwischen 1330 und 1332 die Chorherren vom Heiligen Geist aus München. Dies geschah vermutlich nicht zuletzt auf Betreiben der Stadtverwaltung, die die allzu selbstständige Verwaltung des großen Spitals durch den Orden nicht gerne sah. In der Folgezeit wurde das Haus von einem Spitalmeister geführt, der unter der Aufsicht von Ratsmitgliedern stand. Für die geistlichen und seelsorgerischen Aufgaben gab es einen Pfarrer und einige Hilfskleriker.

Erst 1811 wurde die Spitalpfarrei aufgehoben und wieder in die Pfarrei St. Peter integriert, bis schließlich 1844 Heiliggeist als eigene Stadtpfarrei eingerichtet wurde. Das Spital wurde 1823 in das ehemalige Kloster der Elisabethinerinnen vor dem Sendlinger Tor verlegt und die alten Spitalgebäude für den damals neu entstehenden Viktualienmarkt Stück für Stück abgebrochen.

Die Heiliggeistkirche war nach dem Brand 1327 als dreischiffige Staffelhalle wieder aufgebaut worden. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts wurde der gotische Bau nach Plänen von Antonio Viscardi und unter der Leitung von Johann Georg Ettenhofer stark verändert: Die Seitenschiffe wurden auf Mittelschiffshöhe angehoben, der Turm an seinem heutigen Platz errichtet und die Kirche umfassend barockisiert. Egid Quirin Asam schuf die Stuckdekorationen, sein Bruder Cosmas Damian die Fresken des Mittelschiffs. Nachdem 1885 das letzte Spitalgebäude, der so genannte ?Weiberbau? im Westen der Kirche, abgerissen worden war, erweiterte Friedrich Löwel die Kirche bis 1887 um drei Joche und schloss sie zur Stadtmitte hin mit einer monumentalen neobarocken Fassade ab.

Bei Bombenangriffen im April 1944 und im Januar 1945 wurde die Heiliggeistkirche schwer getroffen. Nachdem der Rohbau bis 1950 wiederhergestellt war, zogen sich die Rekonstruktionen der barocken Stukkierung und Freskierung noch bis in die 1990er-Jahre hin. Lediglich die Deckenfresken in den Seitenschiffen von N.G. Stuber konnten aufgrund fehlender Unterlagen bis heute nicht wiederhergestellt werden.

(Barbara Reinicke)



 

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