Landsberg


 

GESCHICHTE

Die Ursulinen ? Lehrerinnen in Landsberg

Nachdem bereits seit der Mitte des 17. Jahrhunderts in Landsberg am Lech ein vom Jesuitenorden geführtes Knabengymnasium existierte, war es nahe liegend auch über die Errichtung einer entsprechenden Institution für Mädchen nachzudenken. Im Bereich des Mädchenschulwesens verfügten die Englischen Fräulein und die Ursulinen über einen guten Ruf. Für Landsberg war die Entscheidung zwischen diesen beiden Orden nicht einfach zu fällen.

Bürgermeister Johann Jakob Hailberger, Weinwirt und Besitzer des Gasthofes zum Mohren, votierte für die Ursulinen, Herzog Maximilian Philipp von Bayern wollte die Berufung der Englischen Fräulein durchsetzen. 1704 sprachen die Straubinger Ursulinen beim kurfürstlichen Hof in München, zwei Jahre später beim Magistrat der Stadt Landsberg vor. Der städtische Magistrat begründete seine ablehnende Haltung mit mangelndem Bedarf und einer möglichen Schädigung der städtischen Wirtschaft und einer Lebensmittelverknappung. Gleichzeitig verzögerten die Kriegsereignisse zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Entscheidung. Johann Jakob Hailberger, dessen Töchter inzwischen dem Landshuter Ursulinenkonvent angehörten, verstärkte ab 1715 seine Bemühungen um eine Berufung der Ursulinen nach Landsberg. Unterstützung erhielt Hailberger vom Land- und Stadtrichter Maximilian Mändl von Deutenhofen. Um die Sache zu beschleunigen, entschlossen sich Hailberger und seine Frau, vollendete Tatsachen zu schaffen und stifteten den Klosterfrauen aus Landshut ein Haus aus ihrem Privatbesitz sowie Gründungskapital für ein Kloster der Ursulinen in Landsberg. Schließlich stimmten Kurfürst und Bischof 1719 zu. Der Freisinger Fürstbischof Johann Eckher von Kapfing beschied dem Konvent in Landshut, dass nun alle Voraussetzungen zur Gründung eines Konvents in Landsberg erfüllt seien.

Im April 1719 kamen fünf Konventualinnen mit Laienschwestern in Landsberg an und begannen noch im selben Jahr mit ihrer Arbeit. Ziel der Ursulinen war die religiöse Erziehung der Mädchen sowie Unterricht in den Fächern Schreiben, Lesen, Rechnen, Latein, Französisch und Handarbeiten. Die geistlichen Damen machten unverzüglich ihre Absicht klar, in Landsberg nicht nur eine Volksschule, sondern auch ein adliges Institut mit allem Zubehör errichten zu wollen. In den bestehenden Räumlichkeiten war für diese umfassenden Pläne zu wenig Platz, wurden doch eine Kirche mit Sakristei und Chor, eine Schule, ein Garten sowie Internats- und Konventsgebäude benötigt. Der Ankauf weiterer Grundstücke in der Nachbarschaft des ersten Standorts war unumgänglich, stieß jedoch auf nachhaltiges Misstrauen seitens der Bürgerschaft. Man befürchtete die Vergrößerung des Ursulineninstituts auf bis zu 50 Mitglieder mit 50 Schülerinnen und wiederholte die bereits zu Anfang geäußerte Befürchtung, die Lebensmittel könnten sich verteuern. Der schwelende Konflikt brach offen aus, als die Ursulinen eine ihrer Niederlassung benachbarte Gastwirtschaft kaufen wollten. Vom Landsberger Magistrat wurde daraufhin der bereits geschlossene Kaufvertrag aufgehoben sowie der maximale Umfang des Ursulinenkonvents auf zwölf Konventualinnen und drei Laienschwestern festgelegt. Mit diesen Beschränkungen konnten sich die Landsberger abfinden. Die Ursulinen wurden akzeptiert und am 31. Mai 1722 feierlich in Landsberg eingeführt.

Erfolglos versuchte der Ursulinenkonvent einige Bürgerhäuser bei der Friedhofskirche St. Johann zu erwerben, kaufte aber in den Folgejahren mehrere Grundstücke in der Nachbarschaft. 1723 zogen die Ursulinen vom Hailberger-Anwesen in ihre neu errichtete Klausur um. Ein prominenter Nachbar des Ursulinenklosters war Dominikus Zimmermann, der den Auftrag erhielt, Pläne für eine Kirche und eine Klosteranlage zu entwerfen. Das Projekt Klosterkirche wurde zügig angegangen, sodass schon im Mai 1724 eine Zelebrationserlaubnis erteilt werden konnte. Der Augsburger Suffraganbischof Johann Jacob Mayr weihte die Kirche ?Zur heiligsten Dreifaltigkeit? im Oktober 1725. Zugleich fand eine Firmung statt, zwei Töchter Dominikus Zimmermanns waren unter den Firmlingen. Von diesem ersten Kirchenbau hat sich nur die so genannte Alte Gruft erhalten. Weder Einrichtung noch detaillierte Pläne überdauerten bis heute. Der Landsberger Magistrat bestätigte im Jahr der Kirchweihe nochmals seine ? bereits 1722 verfügten ? Einschränkungen bezüglich der Konventsgröße, der Erwerb von mehr als fünf Anwesen und der Kauf weiterer Grundstücke. Auch durfte das Kloster kein Bier brauen. Zwar betrieben die Ursulinen erfolgreich Schule und Internat mit oftmals mehr als 30 Kostgängerinnen, die Bauarbeiten an der Klosteranlage selbst stagnierten jedoch. Zimmermanns Pläne wurden nie verwirklicht.

Zweimal ? 1733 und 1734 ? bat die Oberin erfolglos bei der Münchner Hofkammer um die Erlaubnis, das nahezu verwaiste Landsberger Schloss für ihr Kloster nutzen zu dürfen. Allerdings waren die baulichen Sorgen der Ursulinen in München nicht auf vollkommen taube Ohren gestoßen. Mit der Absage wurden Planungen für eine neue Klosteranlage veranlasst, an welchen sich der kurfürstliche Baumeister Johann Baptist Gunetzrhainer federführend beteiligte. Gunetzrhainers Plan projektierte eine neue Klosteranlage an Stelle der alten, von den Ursulinen erworbenen und genutzten Bürgerhäuser und Gärten. Der Hofbaumeister hatte aber offensichtlich nicht mit dem Starrsinn der Landsberger Bürgerschaft gerechnet. Um Grenzabstände und Lichtrechte entspann sich ein langwieriger Streit, der Baubeginn verzögerte sich erheblich. Ein genauer Zeitpunkt für den Beginn der Bauarbeiten ist nicht überliefert, möglich, dass die erwähnten Streitigkeiten auch 1739 noch nicht beendet waren. Das Holz für den Dachstuhl des Konventsgebäudes wurde jedenfalls 1737 angekauft. Maria Ursula Katharina Baronin von Pruggberg hatte ihren Lebensabend zusammen mit ihrer Tochter im Ursulinenkloster verbracht und vererbte dem Kloster einen stattlichen Geldbetrag, der erheblich zur Finanzierung der Neubauten beitrug. Obwohl infolge der Streitigkeiten nur der zweiflügelige Konventsbau (Hof- und Gartenflügel) errichtet wurde, überstiegen die Baukosten bald die finanziellen Möglichkeiten der Ursulinen. In den Quellen finden sich seit den 1740er-Jahren vermehrt Klagen ob der schlechten Finanzlage des Klosters. Pläne für den Neubau eines zur Straße gerichteten Klosterflügels wurden fallengelassen, der 1748 angekaufte Hochaltar blieb die größte Neuanschaffung dieser Jahre. Finanziert wurde der Altar durch eine Stiftung der Augsburger Familie Oblaten, die dem Landsberger Konvent durch die Heirat einer Tochter des Klosterstifters Johann Jakob Hailberger nahe stand. Das Altarblatt schenkte der Augsburger Akademiedirektor Johann Georg Bergmüller, dessen Töchter Mitglieder des Landsberger Konvents waren.

Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts scheint sich die finanzielle Lage des Klosters gebessert zu haben, da der Konvent 1753 zwei Höfe in Pössing samt Wald von der Hl. Geist-Spitalstiftung kaufen konnte. Im Jahr 1756 wurde Maria Anna Nepomucena Aloysia a Puero Jesu de Courcelles von Wachsenstein Priorin des Klosters. Die neue Priorin stammte aus München und war Tochter des kurfürstlichen Generalleutnants und Vizepräsidenten des Hofkriegsrates sowie Stadtkommandanten von München, Johann Egid des Courcelles von Wachsenstein. Dem Kloster brachte sie nicht nur eine ansehnliche Mitgift, sondern auch hauptstädtisches Kunst- und Kulturbewusstsein. In die vernachlässigten Bauarbeiten kam neuer Schwung. 1761 konstatierte ein Gutachten den irreparabel schlechten baulichen Zustand der Klosterkirche sowie mehrerer Bauten an der Straße und empfahl den Abriss. Dominikus Zimmermanns Kirche und die leer stehenden Wohnhäuser machten 1763/64 einer neuen Klosterkirche und dem Neubau des Klosters Platz. Grundsteinlegung und Dachgleiche der Klosterkirche fielen noch in das Jahr 1764. Geweiht wurde das Gotteshaus 1766, Kirchenausstattung sowie Außen- und Innenbemalung dauerten sicher bis ins darauf folgende Jahr. Wer für die Baupläne verantwortlich zeichnete, ist mit letzter Sicherheit nicht mehr festzustellen. Sicher flossen die alten Pläne Gunetzrhainers ein, ausführender Baumeister war wohl Ignatius Reseler aus Mehring, sicher ist, dass noch während der Bauarbeiten Plan- und Bauänderungen vorgenommen wurden. Zeitgleich mit der Kirche oder unmittelbar anschließend begannen die Arbeiten am kirchseitig gelegenen Klosterflügel. Zwischen diesem zur Straße gelegenen Neubau und dem rückwärtig gelegenen Altbau des Konvents gab es zunächst keine bauliche Verbindung. Nächster Bauabschnitt wurde daher ein Verbindungsbau an der Nordgrenze des Grundstücks. Fenster bzw. Chörlein verbanden diesen Verbindungsflügel mit dem Chor der Klosterkirche. Ebenerdig befand sich das Oratorium, in den oberen Stockwerken richtete man Priorat, Krankenbereich sowie das Noviziat ein. Zur Straßenseite hin zeigte sich das Ursulinenkloster nun als geschlossener repräsentativer Baukomplex. Der Konvent war jetzt in Erfüllung der Ordensregel räumlich von Schule, Internat und den zahlreichen Gästen getrennt, das Grundstück dabei optimal genutzt.

Über die Erziehung der Landsberger Mädchen gewannen die Ursulinen nicht unbedeutenden Einfluss auf das Bildungsniveau der bürgerlichen Schichten. Auf Initiative des Pfarrers Franz Xaver Hagenreiner entstand die Kongregation ?De immaculata conceptio Beatae Mariae virginis?, eine jungfräuliche Versammlung für Bürgerinnen der Stadt. 1732 bestätigte Papst Clemens XII. die Kongregation und stattete sie mit Ablässen aus. Bereits in den 1760er Jahren geriet der Landsberger Ursulinenkonvent erneut in finanzielle Schwierigkeiten. Ein weiterer Ausbau der Klosteranlagen scheiterte wohl an der Finanzlage und am mangelnden Bauplatz ? 1765 war der Zukauf von Grundstücken erneut verboten worden. Die Priorin von Wachsenstein lieh wiederholt von ihrer Mutter größere Geldbeträge und gab dafür Schuldscheine aus.

1770 war das Kloster bankrott, 1775 wurden erste Einrichtungsgegenstände versteigert, auch das 1753 erworbene Grundstück in Pössing musste mit Verlust verkauft werden. Konvent und Schule bestanden zunächst weiter. Vom Rat der Stadt erbat die Priorin Lehrkräfte, 1775 auch finanzielle Unterstützung. Zu den Geldsorgen traten Nachwuchsprobleme, der Konvent schrumpfte konstant und hatte um 1800 nur mehr neun Ordens- und zwei Laienschwestern.

Im Jahr 1800 starb die Priorin Maria Anna Nepomuca Aloysia Courcelles de Wachsenstein, ihre Nachfolgerin wurde Maria Kajetana Josepha von Imhof aus Augsburg. Ein Jahr später forderte ein kurfürstlicher Befehl silberne Votivgaben aus der Klosterkirche als Kriegsabgaben. Von der ersten Säkularisationswelle 1802 blieb das Ursulinenkloster verschont, die öffentliche Versteigerung von Kirchengut 1805 tastete den Besitz der Landsberger Ursulinen nicht an.

Schließlich erreichte die Säkularisation das Kloster doch: 1807 wurde der Klosterbesitz inventarisiert, 1809 das Kloster aufgehoben. Den geistlichen Frauen sicherte man eine Pension zu und forderte sie auf das Kloster zum 1. Dezember 1809 zu räumen. Auch die Priorin kehrte in ihre Heimatstadt Augsburg zurück, einige Ursulinen blieben allerdings freiwillig im Konvent, um ihre Erziehungsarbeit fortzusetzen. Das Klostervermögen wurde von einem Stiftungsadministrator verwaltet, dessen Behörde 1811 im Kloster einzog. Nachdem die Ansprüche der Gläubiger noch nicht letztgültig befriedigt waren, wurden 1809 nochmals Teile des Inventars verkauft, 1810 die restlichen Mobilien sowie die wenigen Immobilien versteigert. Die Stadtpfarrkirche erhielt den Großteil der liturgischen Gerätschaften. Klostergebäude, Klosterkirche und Ursulinenfonds gingen an den städtischen Magistrat über. Aus den Einnahmen des Fonds musste der Unterhalt der ehemaligen Klosterangehörigen bestritten werden. Weiterhin als Schule genutzt wurde der Neubau, in den anderen Klosterräumlichkeiten wohnten städtisches Personal und andere private Mieter. 1820 übernahm der Färber Alexander Kollerbauer die ehemalige Klosterwaschküche, 1826 plante die Stadt Landsberg die Einrichtung einer Veteranenanstalt in den ehemaligen Klostergebäuden.

Im Zuge der Klosterrestaurationen König Ludwigs I. übernahmen 1845 Dominikanerinnen die ehemaligen Gebäude der Ursulinen. Schulische Mädchenbildung wurde auch die Aufgabe dieses neuen Konvents. Für den Unterhalt der Baulichkeiten blieb die Stadt Landsberg verantwortlich, die auch den Ursulinenfonds behielt. Lediglich die Nutznießung an den Aktiva und Passiva des Fonds ging an die Dominikanerinnen über. 1870 wurde ein Kindergarten eingerichtet, die Schulräume in den Folgejahren mehrfach erweitert und umgebaut. 1985 wechselten die Dominikanerinnen von dem alten Kloster in ihre als Ökonomie errichteten Besitzungen an der Münchner Straße ein.

Den leer stehenden Konventstrakt baute die Stadt Landsberg 1991/91 zu Seniorenwohnungen um. Die Klosterkirche wurde zweimal ? 1907/08 und 1965 ? einer größeren Renovierung unterzogen. Heute beherbergt das ehemalige Kloster Altenwohnheim und Volkshochschule, die Mädchenschule dient als städtische Musikschule.

(Laura Scherr)



 

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