Elchingen


 

GESCHICHTE

Elchingen ? benediktinisches Reformkloster und napoleonisches Schlachtfeld

Elchingen gehört neben Neresheim, Wiblingen, Blaubeuren, Zwiefalten, Lorch und anderen Abteien in die Reihe der so genannten Reformklöster. Sie entstanden in rascher Folge zwischen 1080 und 1120 im Zuge einer Erneuerungsbewegung des benediktinischen Mönchtums, die von den Zentren Cluny in Burgund und Hirsau im Schwarzwald ausstrahlte. Man ging entschlossen gegen die Verweltlichung, die in den älteren Klöstern vielfach eingerissen war, gegen die Vernachlässigung der Ordensregel und besonders gegen die Bevormundung durch die weltlichen Machthaber vor. Gestiftet wurden die Klöster von reichen Adeligen, die sich damit eine Grablege schufen und das Seelenheil ihrer Familien zu erkaufen suchten.

Die Benediktinerabtei Elchingen wurde im frühen 12. Jahrhundert von Graf Albert von Rauenstein (oder Ravenstein; vermutlich aus einer Nebenlinie der Dillinger Grafen stammend) und seiner Gemahlin Bertha in den Ulmer Donauauen gegründet. Der Schwiegersohn des Stifterpaars, Markgraf Konrad von Meißen, verlegte das Kloster auf seine Burg über dem Dorf Elchingen. Papst Innozenz II. nahm die Abtei 1147 in den Schutz des Apostolischen Stuhls. Die ersten Mönche unter Abt Andreas von Aichheim (reg. 1128?1139) kamen aus Hirsau und Lorch. Sie brachten nicht nur Reformideen sondern auch die neue romanische Bauweise im streng gebundenen System ? das so genannte Hirsauer Bauschema, bei dem die Querarme, der Chorarm sowie die beiden Langhausjoche mit ihren Seitenschiffen aus den Maßen der Vierung der Kirche entwickelt werden ? nach Elchingen. In dieser Weise wurde in den Jahren 1150 bis 1160 die erste Klosterkirche errichtet und der Muttergottes sowie den Aposteln Petrus und Paulus geweiht.

Durch reiche Schenkungen erlangte die Abtei schon bald viel Grundbesitz und großen Wohlstand, der nur im 14. Jahrhundert zeitweise geschmälert wurde. Die Lage von Elchingen an den bedeutendsten Heerstraßen der damaligen Zeit ? Ulm-Nürnberg und Ulm-Augsburg ? brachte indes viel Leid über das Kloster. Wiederholt wurde es bis auf die leeren Wände ausgeplündert. Nach einem Brandfall im Jahr 1430 sind die folgenden Äbte des 15. Jahrhunderts, Friedrich Zwirner (reg. 1431?1461) und Paulus Kast (reg. 1461?1491), als eifrige Bauherren überliefert. Danach muss die mit starken Mauern bewehrte Anlage einen prächtigen Anblick geboten haben, denn Kaiser Friedrich III. soll sich spontan zu einem Besuch entschlossen haben, als er die Abtei von fern erblickte. Die Mönche von Elchingen führten ein vorbildliches klösterliches Leben. Daher stellte das Stift auch öfters Äbte für andere schwäbische Klöster. Im 15. Jahrhundert verbreitete Elchingen so die von Kloster Melk ausgehende Reformbewegung des Ordens in Schwaben.

Fast ein Jahrhundert lang lag der Konvent im Streit mit der Reichsstadt Ulm. König Maximilian I. erhob das Kloster zwar 1495 zur freien Reichsabtei, doch während der Reformation brachen schwere Zeiten für das Kloster an. Die Reichsstadt Ulm unterband den katholischen Gottesdienst; Abt und Mönche wurden gezwungen das Kloster vorübergehend zu verlassen. 1546 erfolgte die Besetzung und Verwüstung von Elchingen. Nach wenigen Jahrzehnten der Entspannung brachte der Dreißigjährige Krieg wiederum Zerstörung und Plünderung. Die Abtei hatte immense Abgaben zu leisten. Ein halbes Jahrhundert dauerte es, bis das Kloster die Folgen dieses Krieges überwunden hatte. Dazu mussten einige Güter verkauft werden, u.a. der Markt Waldstetten und das Dorf Rammingen. Abt Johannes Treu (reg. 1638?1657) gründete zum Dank für die Rettung aus Kriegsnöten die Siebenschmerzenbruderschaft. Damit nahm die Wallfahrt zur Schmerzhaften Muttergottes von Elchingen, die seit uralten Zeiten bestand, großen Aufschwung. Sein Nachfolger Abt Anselm Bauser (reg. 1657?1685) erneuerte die Kirche im ?italienischen Stil?. 1685 trat die Abtei der schwäbischen Benediktinerkongregation vom Hl. Geist bei.

Im 18. Jahrhundert gelangte das Kloster Elchingen zu höchster Blüte. 1715 zählte der Konvent 42 Mitglieder. Sie widmeten sich der Seelsorge, der Wallfahrt zur Mater Dolorosa von Elchingen, dem Unterricht und den Wissenschaften. Abt Amandus Schindele (reg. 1740?1763) baute die Kirche ab 1746 um, ließ Kapellen beiderseits des Langhauses anfügen und die Innenausstattung im Stil des Rokoko modernisieren. Unter Abt Robert Kolb (1766-1793) wurde die Stiftskirche 1773 durch Blitzschlag zerstört und daraufhin aufwändig in der Formensprache des Frühklassizismus erneuert. Den Bau entwarf der Wettenhausener Stiftsbaumeister Joseph Dossenberger (1720?1785), ein Schüler von Dominikus Zimmermann. Die Ausstattung des Langhauses sowie die Deckenfresken mit Szenen aus dem Leben Mariens und des heiligen Benedikt übernahm der Trierer Hofmaler Januarius Zick (1730?1797).

1802 wurde das Kloster säkularisiert. Damals wohnten 25 Mönche im Stift. Die Besitzungen des Reichsstifts, darunter die vier Oberämter Elchingen, Tomertingen, Fahlheim und Stoffenried mit insgesamt 4000 Einwohnern sowie zwei Pfarreien, fielen an das Kurfürstentum Bayern. Die Gebäude wurden versteigert. Stück um Stück der monumentalen Anlage wurde abgebrochen. Die Bibliothek kam nach Dillingen. Die Stiftskirche wurde zur Pfarrkirche bestimmt. Die meisten Mönche arbeiteten nach der Aufhebung als Priester in den Pfarreien.

Am 14. Oktober 1805 erlangte Elchingen internationale Berühmtheit, als österreichische Truppen, die sich auf dem Klosterberg verschanzt hatten, von dem französischen Marschall Ney in einer äußerst erbittert geführten Schlacht geschlagen wurden. Napoleon verlieh seinem siegreichen Feldherrn den Titel eines Herzogs von Elchingen.

Bis 1840 waren fast alle Klostergebäude abgerissen. Heute existieren nur noch der spätbarocke, 1736/37 errichtete Torbau mit der Martinskapelle und ein kleiner Teil der ehemaligen Ökonomiegebäude. Das Bräuhaus wurde völlig umgebaut. In der ganz in Weiß und Gold gehaltenen, vornehm wirkenden Stiftskirche erinnern das Wappen des Abtes Robert Kolb am Chorbogen und die vielen Grabdenkmäler ehemaliger Äbte an die jahrhundertealte Wirkungsstätte der Benediktiner in Elchingen. Seit 1921 hat der Orden der ?Oblaten der makellosen Jungfrau Maria? hier neues klösterliches Leben entstehen lassen. Die Wallfahrt zur Schmerzhaften Muttergottes von Elchingen, deren Gnadenbild sich auf dem Altar im nördlichen Seitenschiff befindet, ist heute noch Anziehungspunkt für Wallfahrer, besonders am Tag des alljährlich stattfindenden ?Hohen Umgangs?.

Christine Riedl-Valder



 

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