Amorbach


 

GESCHICHTE

Amorbach - Rokoko im Odenwald

Die Benediktinerabtei Amorbach im Odenwald gehörte zu den ältesten Klöstern Frankens. Die Haustradition datierte die Gründung auf das Jahr 734. Tatsächlich dürfte die geistliche Ortsgeschichte sogar in die Zeit um 720 zurück reichen. Ihre Urzelle wird in der über einer Quelle erbauten Marienkirche Amorsbrunn vermutet. Der Name "amarbach" deutet auf Wasserreichtum hin, vielleicht auch auf einen Sumpf, lateinisch "amara". Die Aufgabe der Mönche bestand über Jahrhunderte in der Rodung und Besiedlung eines riesigen Waldgebiets. Dazu kam die Präsenz an einem Kreuzungspunkt wichtiger Fernstraßen. Diese strategischen Aufgaben deuten auf die Stiftung durch eine königsnahe Adelsgruppe, der Überlieferung nach ein Graf Ruthard, oder die Karolinger selbst.
Noch vor dem Jahr 800 begab sich die Abtei in den unmittelbaren Schutz Karls des Großen. Als Reichskloster wurde es intensiv zur Missionierung der Sachsen herangezogen. Kaiser Otto III. gab Amorbach 996 an die Bischöfe von Würzburg. Das in der Reform von Gorze vorbildlich engagierte Kloster genoss die Wertschätzung Kaiser Heinrichs II. Der Heilige stiftete den berühmten Watterbacher Tragaltar, heute im Bayerischen Nationalmuseum, ursprünglich wohl für Amorbach geschaffen. Die Abtei stellte auch die ersten Mönche für das 1015 gegründete Kloster Michelsberg in Bamberg.
Begeisterung für die Ideen von Hirsau im frühen 12. Jahrhundert bezeugen noch heute die aufragenden Westtürme der Abteikirche. Aus der Zeit um 1140 stammt die nahe Ruine der Kirche St. Gotthard. Sie war möglicherweise die Kirche eines Frauenkonvents.
Die Vogtei über das Kloster lag im 12. und 13. Jahrhundert bei den Herren von Dürn. Die Familie mit besten Kontakten zum staufischen Königshof veräußerte ihre Schutzherrschaft samt der nahen Burg Wildenberg 1272 an den Erzbischof von Mainz. Amorbach blieb beim Hochstift Mainz bis zur Säkularisation. Kirchlich erfolgte der Wechsel zur Erzdiözese Mainz erst 1656.
1253 hatten die Herren von Dürn die Stadt Amorbach gegründet. Durch Wehranlagen von einander geschieden, lebten Stadt und Kloster in einem komplizierten Gefüge gegenseitiger Rechte und Pflichten. Im Jahr 1525 erstürmte die Bürgerschaft an der Seite der aufständischen Bauern unter Götz von Berlichingen die Abtei. Dies führte nach der Niederschlagung des Bauernkrieges zu einem strengen Regiment des Mainzer Landesherrn über die Stadt.
In einem für Benediktiner ungewöhnlichen Umfang widmete sich das Kloster neben seiner Grundherrschaft auch der Seelsorge. Zeitweilig betreuten die Patres bis zu 40 Pfarreien.
Von 1742 bis 1747 erfuhr die Abteikirche ihre Umgestaltung im Stil des Rokoko. Bauleiter war der Mainzer Hofarchitekt und General Maximilian von Welsch. Künstlerisch wirkten die Wessobrunner Stuckatoren Johann Michael Feichtmayr und Johann Georg Übelher, sowie der Freskomaler Matthäus Günther aus Augsburg. 1782 erhielt die Kirche die seinerzeit größte Orgel der Welt, erbaut von den Brüdern Stumm aus dem Hunsrück. Das Werk umfasst mehr als 5000 Pfeifen und ein Glockenspiel.
Zwischen 1783 und 1786 entstand ein neuer Konventbau. Nur wenige Jahre vor dem Ende des Alten Reichs baute die Abtei noch eine neue Bibliothek und einen Festsaal im "Amorbacher Zopfstil", einer Spielart des Frühklassizismus.
1803 wurde die Abtei säkularisiert. Die Fürsten von Leiningen erhielten den Klosterbesitz als Entschädigung für ihre Stammlande in der Pfalz, die in den Revolutionskriegen an Frankreich gefallen waren. 1806 wurde das junge Fürstentum Leiningen durch das Großherzogtum Baden mediatisiert. 1810 kam das Gebiet um Amorbach an das Kurfürstentum Hessen und erst 1816 an das Königreich Bayern.
Seit 1803 bewohnen die Fürsten Leiningen das ehemalige Kloster. Die Abteikirche dient dem Fürstenhaus seit 1803 als evangelisch-lutherische Hofkirche. Sie ist seit 1859 auch die Kirche der evangelischen Pfarrgemeinde Amorbach. Der ehemalige Klostergarten wurde zwischen 1805 und 1817 von Friedrich Ludwig v. Sckell zu einem Landschaftspark im englischen Stil, dem so genannten Seegarten, umgestaltet.

( Christian Lankes )



 

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