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Prinzregent Luitpold

 

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Tonkompositionen für Ludwig I.

Freudelied „Laßt das unfruchtbare Denken“ (um 1829) - Ton Harmoniestücke für die Harmonie der Königlichen Tafelmusik, aus Opern arrangiert (um 1845) - Ton
Instrumentaleinleitung zu „Der Bayerische Schützenmarsch“ (1830) -Ton Marche für Bläser und Schlagwerk (1814) - Ton
„Abschied im Herbste: ‚Die Schwalben ziehn‘“ (um 1835) - Ton „Brüder vom teutschen Bunde“ (1842) - Ton
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König Ludwig I. von Bayern war zwar für die Musik nicht unempfänglich, doch sie lag nicht im engeren Bereich seiner künstlerischen Interessen. Nur wenige Werke bedeutender Komponisten der Zeit sind mit seinem Namen verbunden, obwohl seine Gedichte von zahlreichen Musikern vertont worden sind.

Bei der Mehrzahl handelt es sich wohl um Kompositionen in der Absicht, dem königlichen Dichter eine Reverenz oder Huldigung zu erweisen. Giacomo Meyerbeer (1791–1864), der bedeutendste unter den hier vertretenen Tonsetzern, schrieb allerdings am 30. August 1829 an den König, beim Lesen seines Gedichts „Der Bayerische Schützenmarsch", „aus dem mit wahrhaft poetischer Glut hoher Enthusiasmus für deutsche Freiheit und deutsches Recht, glühender Haß gegen Druck und Tyrannei" sprächen, habe ihn eine „mächtige Inspiration" ergriffen. Meyerbeers Bayerischer Schützenmarsch für Soli, Männerchor, sieben Hörner, sieben Trompeten, vier Fagotte, vier Posaunen, Serpent, Kontrafagott und Schlagwerk wurde auf Veranlassung des Königs am 18. März 1830 im Münchner Hof- und Nationaltheater aufgeführt. Die Wirkung war damals wesentlich beeinträchtigt, da die Blechbläser den Chor übertönten.

Seiner Gemahlin Therese hat Ludwig I. mehrere Gedichte gewidmet, so das Sonett „An meine Frau“, das der Würzburger Universitätsprofessor, Universitätsmusikdirektor und Gründer der dortigen Musikschule, Joseph Fröhlich (1780–1862), als „Sonett an Ihre Majestät die Königin Therese“ für Soli und vierstimmigen Männerchor einfühlsam in Musik gesetzt hat. Das Autograf gelangte aus dem Nachlass des Königs in die Hof- und Staatsbibliothek München. Nach dem Verlust der meisten Kompositionen Fröhlichs im Zweiten Weltkrieg ist es eines der wenigern noch erhaltenen Werke dieses verdienstvollen, einst hochgeachteten fränkischen Musikers.

Italien, das „irdische Paradies", wie es Ludwig als Kronprinz selbst nannte, ist Thema mancher Verse. Dort, besonders auch in der Gesellschaft deutscher Künstler in Rom, hat sich Ludwig I. oft und gerne aufgehalten. Das Lied „Abschied im Herbste“ verleiht angesichts der wieder enteilenden Schwalben seiner Sehnsucht nach dem Süden literarischen Ausdruck. In Musik gesetzt hat es Franz Graf von Pocci (1807–1876). Ludwig I. berief den „Kasperl-Grafen“ 1830 zum Zeremonienmeister am Hof und ernannte ihn 1847 zu seinem Hofmusik-Intendanten.

Zu den vielversprechenden musikalischen Begabungen zählte man um 1830 in München den hier geborenen Eduard Rottmanner (1809–1843), einen Schüler des berühmten Kirchenkomponisten Caspar Ett (1788–1847). Rottmanner war Organist am Münchner Bürgersaal und wurde 1839 als Domorganist nach Speyer berufen, wo er, erst 34 Jahre alt, verstarb. Aus seiner Feder stammen mehrere Vertonungen von Gedichten Ludwigs I. Sein Freudelied, von welchem eine zeitgenössische Kritik sagt: „Recht lebendig, wird gefallen“, kam zusammen mit Poccis Komposition erstmals am 25.  Mai 1829 in einem Konzert des unter dem Patronat von Ludwig I. stehenden Münchner Liederkranzes zur Aufführung. Gesungen wurden damals insgesamt 13 Vertonungen von Gedichten des Königs, die bald danach mit einem von Eugen Napoleon Neureuther gezeichneten Titelblatt auch im Druck erschienen.

Der von Ludwig I. bevorzugte Komponist für festliche Anlässe war der aus der Schweiz stammende Hofkapellmeister Joseph Hartmann Stuntz (1793–1859). Er schrieb u.a. die Einweihungsmusiken für das Hoftheater (1825), für die Walhalla bei Donaustauf (1842) und für die Befreiungshalle bei Kelheim (1863). Der Festchor zur Eröffnung der Walhalla am 18. Oktober 1842, für die dieses Denkmal großer Männer und Frauen „deutscher Zunge" in Geschichte, Wissenschaft und Kunst, wird von einem wirkungsvoll gesetzten Bläserensemble mit vier Hörnern, fünf Trompeten, Posaune, Bassinstrumenten und Schlagwerk begleitet. Gedichtet hat es Guido von Lessner, der auch als Opernlibrettist für Stuntz tätig war.

Stuntz hat mehrere Märsche für das bayerische Militär geschrieben. Ein charakteristisches Beispiel ist der 1814 in der Hochstimmung der Befreiungskriege entstandene Marsch Es-Dur in der Besetzung mit Piccoloflöte, Flöte, vier Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Hörner, zwei Trompeten, Serpent, Kontrafagott und Bassposaune mit Schlaginstrumenten.

Unter den Komponisten von Texten Ludwigs I. findet sich auch der Träger eines berühmten Namens: Walther von Goethe (1817–1885), ein Enkel des Dichters, war Schüler von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809–1847) und Karl Loewe (1796–1869), er verkehrte bei Robert Schumann (1810–1856), der ihm seine Davidsbündlertänze op. 6 für Klavier gewidmet hat. Es ist bekannt, dass König Ludwig Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) selbst aufsuchte und von Joseph von Stieler (1781–1858) porträtieren ließ. Ob die Komposition des Goethe-Enkels an diese Beziehung anknüpft, wissen wir nicht. Konkret ist sie zur Einweihung des mit dem Namen von Ferdinand von Schill (1776–1809) verbundenen Invalidenhauses in Braunschweig entstanden. Die sterblichen Überreste des 1809 gefallenen Freiheitskämpfers von Schill waren 1837 nach Braunschweig überführt worden.

Walther von Goethes musikalisches Werk ist nicht umfangreich. Es besteht aus einigen kleineren Singspielen, Liedern und Klavierstücken. Der König Ludwig I. gewidmete Chor „An die Deutschen", begleitet von Piccoloflöte, sechs Klarinetten, sechs Hörnern, zwei Fagotten, drei Posaunen, Bassinstrumenten und Schlagwerk gehört zu seinen Gelegenheitskompositionen. In späteren Jahren hat sich Walther von Goethe nicht mehr künstlerisch betätigt. Wie ein zeitgenössisches Lexikon überliefert, lebte er nach 1853 „als großherzoglicher Kammerherr im großväterlichen Haus zu Weimar, ohne irgendwie für die dort kultivierte Kunstrichtung hemmend oder fördernd einzutreten."

Im Jahr des Regierungsantritts von König Ludwig I., 1825, wurde der aus dem niederbayerischen Haunkenzell stammende Johann Nepomuk von Poißl (1783–1865) endgültig zum Intendanten der Hofmusik und des Hoftheaters in München ernannt. Als Komponist leistete er bemerkenswerte Beiträge zur deutschen Oper, die auch den Beifall seines Freundes Carl Maria von Weber (1786–1826) fanden. Poißls Bearbeitungen von Einzelstücken aus  Opern von Gaëtano Donizetti (1797–1848) und anderen sind um 1845 entstanden. Sie waren als unterhaltende Tafelmusik zu den alljährlich in der Münchner Residenz abgehaltenen festlichen Hoftafeln des Königs bestimmt. Die Tradition solcher Arrangements geht zurück ins 18. Jahrhundert. Interpreten dürften – wie später auch bei König Ludwig I. – Münchner Militärmusiker gewesen sein.

(nach: Robert Münster, Kompositionen für König Ludwig I. von Bayern, Beilage zur gleichnamigen Musikkassette, Co-Produktion der Musica Bavarica, des Hauses der Bayerischen Geschichte und des Bayerischen Rundfunks, 1986)