Tückelhausen


 

GESCHICHTE

Tückelhausen - Vom Prämonstratenserstift zum Kartäusermuseum

Die wechselvolle Geschichte des Klosters Tückelhausen reicht zurück in das frühe Mittelalter. Auf dem Lambertusberg, einem Höhenzug bei Ochsenfurt, befand sich eine dem hl. Lambert von Lüttich geweihte Wallfahrtskapelle. Hier entstand eine Reihe von Klausen frommer Frauen und Männer, dann eine geistliche Gemeinschaft, wohl nach der Regel des hl. Augustinus.
Um 1138 gründete der hl. Bischof Otto von Bamberg bei St. Lambert eine neue Abtei für die Prämonstratenser. Ein Doppelkloster dieses Ordens war für die schon bestehende gemischte Kommunität gut geeignet. Da der Orden jedoch bald begann seine Doppelklöster aufzulösen, wurden die Prämonstratenserinnen von St. Lambert im Jahr 1144 nach Lochgarten bei Bad Mergentheim versetzt.
In einer Urkunde von 1172 erscheint "tukelhusen" nicht mehr als Abtei, sondern im niedrigeren Rang einer Propstei. Man nimmt an, dass Tückelhausen 1159 den Prämonstratensern in Oberzell bei Würzburg zugeordnet worden war. Diese Abtei hatte bereits bei der Gründung von Tückelhausen eine maßgebliche Rolle gespielt. Andererseits wird Tückelhausen in einem Verzeichnis der Ordensniederlassungen um 1200 noch als selbstständiges Stift aufgeführt.
1305 nahm der Männerkonvent von Tückelhausen bei sich Prämonstratenserinnen auf. Sie hatten ihr, ebenfalls der Abtei Oberzell unterstelltes, Stift Michelfeld bei Kitzingen wegen wirtschaftlicher Probleme verlassen. 1307 wurden die Chorherren zur Wahrung der Disziplin nach Oberzell verlegt. Tückelhausen übergab man den Frauen zur alleinigen Wohnung. Das Klosterleben der Prämonstratenserinnen in St. Lambert erregte jedoch immer wieder das Missfallen der Abtei Oberzell, insbesondere ihr eigenständiges Wirtschaften und angeblich auch ihre Aufsässigkeit.
1349 verkaufte Oberzell seine Propstei Tückelhausen an Eberhard von Riedern, Domdekan von Würzburg. Er beabsichtigte dort eine Kartause zu stiften. Erst nach Riederns Tod im Jahr 1351 zogen die Prämonstratenserinnen nach Unterzell bei Würzburg und übergaben Tückelhausen an den Orden der Kartäuser.
Für die Nutzung als Kartause "cella salutatis" (Zelle des Heils) veränderte der Orden des hl. Norbert das bisherige Stift gemäß den besonderen Anforderungen seiner Regel völlig. So wurden in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts alle Gebäude mit Ausnahme der Kirche und der Lambertuskapelle neu errichtet. Heute sind nur noch wenige Architekturfragmente aus der Zeit der Prämonstratenser erkennbar.
Bei den Kartäusern benötigten der Prior und die zwölf Mönche jeweils ein eigenes Häuschen mit Garten, das an den Kreuzgang anschloss. Da sich der Kreuzgang im Kirchenraum als Lettner fortsetzte, musste auch die romanische Stiftskirche umgebaut werden. Zusätzlich trennten die Kartäuser das nördliche und südliche Querhaus vom einschiffigen Langhaus der Kirche ab. Sie zogen in den vormaligen Querhäusern Zwischengeschosse ein und brachten darin ein Oratorium, den Kapitelsaal, das Archiv und die Bibliothek unter.
Im 15. Jahrhundert erlebte die Kartause eine Blüte. Aus dieser Glanzzeit ist jedoch infolge der Plünderungen im Bauernkrieg von 1525 und im Markgräflerkrieg von 1552 nur wenig erhalten geblieben, so ein gotisches Relief des hl. Hieronymus und drei Skulpturen (Christus Salvator, hl. Sebastian und Bischof ) um 1520. Zwar befestigte man 1561 Tückelhausen mit einer Ringmauer, doch zahlreiche Kartäuser verließen unter dem Einfluss der Reformation das "Paradies der Einsamkeit". Erst am Vorabend des Dreißigjährigen Kriegs hatte sich der Konvent spirituell und ökonomisch wieder gefestigt. So konnte die Kirche 1613 bis 1616 im Stil des Manierismus neu gestaltet werden; Zeugnis dieser Bauphase ist das Westportal.
Von den Verwüstungen und den Plünderungen durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg und die Franzosen im Feldzug von 1673 erholte sich Tückelhausen relativ rasch. Grundlage der Einkünfte war vor allem der Weinbau im Thierbachtal. 1694 begann mit dem weiträumigen Ökonomietrakt und seinen barocken Brunnen eine jahrzehntelange umfangreiche Bautätigkeit. 1700 folgte ein neues Prioratsgebäude, 1724 ein langgestreckter Gästeflügel mit einem gewaltigen Weinkeller. Abgesehen von der Kanzel (1720) hielt in die Klosterkirche nicht der Barock seinen Einzug, sondern ab der Mitte des 18. Jahrhunderts das mainfränkische Rokoko. Von hoher Qualität ist der Hochaltar aus der Werkstatt des Würzburger Hofbildhauers Wolfgang van der Auwera und auch das geschnitzte Chorgestühl.
Schweigende Arbeit, Fasten und Gebet prägten bis zur Säkularisation das Leben der Mönche von Tückelhausen. Nach der Inbesitznahme des Hochstifts Würzburg durch das Kurfürstentum Bayern wurde die Kartause im Jahr 1803 aufgehoben. Die Klosterkirche übernahm die Funktion einer Pfarrkirche und in das Prioratsgebäude zog der Pfarrhof. Im Pfarrarchiv ist auch eine handschriftliche Geschichte der Kartause aus der Zeit um 1720 erhalten geblieben. Der größte Teil der Klosteranlage wird seit dem 19. Jahrhundert privat genutzt, das Ensemble ist aber glücklicherweise erhalten geblieben.
1991 eröffnete Ortspfarrer Robert Rakowitz in einigen Räumen der Kartause ein Museum zu ihrer Geschichte. Seit 1997 ist die Diözese Würzburg die Trägerin für das "Kartäusermuseum Tückelhausen". Gezeigt wird u.a. das komplett rekonstruierte Häuschen eines Kartäusers mit Gartenparzelle, der Kreuzgang und der Kapitelsaal. Den sechs ehemaligen fränkischen Kartausen ist ein eigener Raum gewidmet. In Lettner und Bibliothek, dem ehemaligen Atelier des Malers Karl Clobes, präsentiert die Diözese moderne Werke mit religiöser Thematik von fränkischen Künstlerinnen und Künstlern.

( Christian Lankes / Markus Schütz )



 

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