Thierhaupten


 

GESCHICHTE

Thierhaupten - arme Benediktiner zwischen Altbayern und Schwaben 

Tassilo III., der letzte bayerische Stammesherzog aus dem Geschlecht der Agilolfinger (reg. bis 788), gilt in der Überlieferung als Stifter des Klosters um die Mitte des 8. Jahrhunderts. Der Name "Thierhaupten" deutet auf den Schauplatz eines heidnischen Kults hin, dessen Tradition durch das Wirken von Mönchen verdrängt werden sollte. Noch 1787 wurde berichtet, dass das Kloster über dem Fundort eines Tierschädels erbaut worden sei. 
Die Abtei spielte, ungeachtet ihrer wohl tatsächlich frühen Gründung, nie eine besondere Rolle. Sie dürfte bis zum 12. Jahrhundert auch nur aus Holzbauten bestanden haben. In der Karolingerzeit wurde Thierhaupten zum Eigenkloster der Bischöfe im rund zwanzig Kilometer südlich gelegenen Augsburg. In den Ungarnstürmen des frühen 10. Jahrhunderts verlieren sich die Spuren der Mönche.
Eine Neubelebung des Klosters geschah im Jahr 1028 auf Initiative des Bischofs Gebhard von Regensburg und der Grafen von Scheyern durch die Regensburger Abtei St. Emmeram. Unter Abt Heinrich I. (gest. 1170) entstand die in ihrer Grundform noch heute vorhandene Kirche, eine dreischiffige Basilika im Stil der Romanik. Wenige Jahre später, 1183, erreichte der Konvent hohes Ansehen mit dem Privileg päpstlichen Schutzes und freier Abtwahl. Kaiser Ludwig der Bayer gewährte der Ortsherrschaft des Klosters im Jahr 1341 den Status einer geschlossenen Hofmark. 
Ab dem frühen 15. Jahrhundert verfiel das Kloster wirtschaftlich, ungeachtet seines Marktrechts im Ort Thierhaupten. 1452 verließen die Mönche die Abtei und baten in anderen Konventen um den Lebensunterhalt. Der Versuch zu einem Neubeginn 1455 endete schon am Tag der Wahl des neuen Abts mit dessen Ermordung durch einen Mitbruder.
Eine grundlegende Reform übernahmen nach 1464 die Herzöge von Niederbayern als die zuständigen Landesherrn in enger Kooperation mit der Diözese Augsburg und der Reichsabtei St. Ulrich und Afra. Die Zugehörigkeit der Klosterhofmark zum Herzogtum Bayern-Landshut führte zu ihrer Verwüstung im bayerischen Erbfolgekrieg 1504 durch die Truppen des Schwäbischen Bundes. Auch im Schmalkaldischen Krieg 1547 wurde Thierhaupten in Mitleidenschaft gezogen.
Am Ende des 16. Jahrhunderts stand das Kloster in voller Blüte: 1591 errichtete der Konvent eine Druckerei. 1597 kam eine eigene Papiermühle hinzu. Ab 1592 hatten die Äbte das Recht zum Führen der Pontifikalien. 1599 wurde eine neue Pfarrkirche geweiht. Im 17. Jahrhundert entstand eine Klosterbrauerei. 
Aufgrund seiner Lage nahe den bevorzugten Heerstraßen erlitt Thierhaupten erneut schwere Schäden im Dreißigjährigen Krieg und im Spanischen Erbfolgekrieg. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgten größere Renovierungsarbeiten am Kloster und der Abteikirche. 
Die Säkularisation ereilte den Konvent am 21. März 1803; er bestand zu dieser Zeit aus dem Abt, zwölf Patres, drei Novizen und einem Laienbruder. Thierhaupten galt als das ärmste unter den Prälatenklöstern im Kurfürstentum Bayern. Dennoch übernahm der Staat aus der Klosterbibliothek immerhin 54 Handschriften und 451 Frühdrucke sowie den Waldbesitz und die Klosterbrauerei. 
Im Jahr 1812 kaufte der letzte Abt Edmund Schmid aus eigenem Vermögen die Klosterkirche und stellte sie, anstelle der baufälligen Pfarrkirche, als Gotteshaus für die Pfarrgemeinde zur Verfügung. Hier wirkte der Abt selbst als Ortspfarrer bis zu seinem Tod 1825. 
Trotz des Übergangs der Klostergebäude an verschiedene Besitzer nach der Säkularisation blieb das architektonische Gesamtensemble weitgehend ungestört erhalten. Die vormals klösterliche Landwirtschaft bestand bis in das 20. Jahrhundert. 1983 erwarb die Marktgemeinde Thierhaupten die Anlage und unterzog sie mit staatlicher Hilfe einer umfassenden Sanierung. Heute befinden sich im ehemaligen Kloster Thierhaupten das Bauarchiv des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege und seine Abteilung Vor- und Frühgeschichte in Schwaben, die Akademie für Handwerkerfortbildung in der Denkmalpflege e.V., eine Schule für Dorf- und Landentwicklung und das Klostermühlenmuseum. 

( Christian Lankes )



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Wening, Michael: Gesamtansicht des Benediktinerklosters Thierhaupten, Kupferstich, 1701, Rain am Lech, Heimatmuseum.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg, G.)

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