Niederaltaich


 

GESCHICHTE

Niederaltaich - Bayerns Tor zum Osten

Am Altwasser ("Altaha") der Donau gründete der Bayernherzog Odilo aus dem Geschlecht der Agilolfinger das Eigenkloster Altaich. Nach der Haustradition geschah dies 731. Moderne Forscher datieren auf das Jahr 741. Das Patrozinium des Kriegerheiligen Mauritius deutet auf enge Kontakte der Stifter nach Burgund. Die ersten Mönche kamen vom berühmten Inselkloster Reichenau. Sie galten als Spezialisten zur Urbarmachung von Sumpfland. Denn die Lage Altaichs im Ufergelände war schwierig für die Landwirtschaft und es gab im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Überschwemmungen. Andererseits bot die Gegend beste Fischgründe und günstige Verkehrswege auf der Donau. 
Nach der Entmachtung der Agilolfinger in Bayern 788 übernahm Karl der Große die Abtei als Reichskloster. Um die Mitte des 9. Jahrhunderts stand Altaich auf dem Gipfelpunkt seiner weltlichen Macht. Im frühen 10. Jahrhundert zerstörten mehrmals Ungarn und Tschechen das Kloster. Chorherren traten an die Stelle der Mönche und sorgten für die herzogliche Grablege der Luitpoldinger. Nach 990 zogen wieder Benediktiner nach Altaich.
Zur Zeit Kaiser Heinrichs II. führte der hl. Gotthard (Godehard) das Kloster Altaich zu neuer Blüte. Als besondere Kostbarkeiten bewahrt die Abteikirche seine Kasel und einen Schuh. Der Stab des hl. Gotthard wird bis heute zur Abtweihe benutzt, zuletzt im Herbst 2001. 
Gleichzeitig mit dem hl. Gotthard wirkte der sel. Gunther, verwandt mit den Königsfamilien der Ottonen und der ungarischen Arpaden. Der Graf aus Thüringen erschloss durch Rodungen und Anlage von Saumwegen den Böhmerwald. Dort starb er als Einsiedler in Gutwasser (Dobra voda). In diplomatischer Mission hatte Gunther Frieden zwischen Deutschen, Tschechen und Ungarn gestiftet. 
Die geistliche Wirkung Altaichs im 11. Jahrhundert bezeugen weitere Selige wie der Eremit Wilhelm und die Klausnerinnen Alruna, Salome und Judith. Zahlreiche Mönche des Konvents übernahmen als Reformäbte andere Klöster, darunter der sel. Alram von Kremsmünster oder der hl. Thiemo von St. Peter in Salzburg und vor allem der sel. Richer als Abt des berühmten Montecassino. Die "Jahrbücher von Altaich" sind eine wichtige Quelle zur Geschichte der Ottonen- und Salierzeit. 
Um 1100 entstand als Stiftung der Grafen von Bogen etwa 40 Kilometer von Altaich entfernt am Oberlauf der Donau ihr neues Hauskloster "Altach". Besiedelt mit Mönchen aus Altaich wurde es bald zum "Oberen Altaich", während das ältere Altaich erst allmählich den Namen "Niederaltaich" führte. 
1152 beendete Friedrich I. Barbarossa die Reichsunmittelbarkeit der Abtei. Zum Dank für seine Hilfe bei der Königswahl schenkte er Niederaltaich als Lehen an Bischof Eberhard II. von Bamberg. Die eigentlichen Herren von Niederaltaich waren ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts die mächtigen Grafen von Bogen. Sie versuchten über ihre Befugnisse als Vögte das Kloster an sich zu ziehen. 1242 ging die Vogtei über Niederaltaich als Erbe der Grafen von Bogen an das Haus Wittelsbach. In der Folge gewann das bayerische Herzogtum die Landeshoheit über das Kloster. Die Wittelsbacher privilegierten das Kloster vor 1307 zur Hofmark. Als Bamberger Lehenrecht blieb bis zur Säkularisation nur die Bestätigung der seit 1241 mit den Pontifikalien versehenen Äbte von Niederaltaich; diese waren auch Domherren in Bamberg. 
Sehr früh übernahm das Kloster die Architektur der Gotik. Abt Hermann, zugleich ein berühmter Historiker, und fünf Nachfolger errichteten von 1260 bis 1326 die neue Klosterkirche als einen der größten Hallenbauten seiner Zeit im ganzen Donauraum. Die heutige Pfarrkirche ist zugleich Symbol für eine im 14. Jahrhundert recht ungewöhnliche Blüte benediktinischen Lebens. Die Tatkraft der Abtei dokumentierten auch ihre Rodungen im Böhmerwald. In der Nachfolge des sel. Gunther wirkten hier die als selig verehrten Eremiten Hermann, Otto und Degenhard. 
Im Gegensatz zu den anderen bayerischen Benediktinerklöstern erlebte Niederaltaich seine Phase des geistlichen Niedergangs im 15. Jahrhundert. Die Reformationszeit überstand der Konvent hingegen mit nur relativ wenigen Übertritten zur neuen Lehre. 
Im Geist der Spätrenaissance herrschte in Niederaltaich kulturell und wissenschaftlich reges Leben. Es erfuhr einen schweren Rückschlag im Dreißigjährigen Krieg, denn trotz ihrer Wehrmauern wurde die Abtei durch schwedische Truppen 1634, 1641, 1647 und 1648 total verwüstet. Brandkatastrophen der Jahre 1671 und 1685 vernichteten wieder den bescheidenen Neuanfang. 
Prägend für Niederaltaich wirkte in der Barockzeit Abt Josico Hamberger (reg. 1700-1739). Nahezu alle noch erhaltenen Klosterbauten gehen in seine Zeit zurück. Dazu kam die barocke Innenausstattung der frühgotischen Abteikirche, abgeschlossen im Jahr 1727. Bemerkenswert sind hier die Umgestaltung des Chores durch den jungen Johann Michael Fischer und die mehr als 200 Einzelfresken von Andreas Heindl. 
Im späten 18. Jahrhundert galt Niederaltaich als reichstes Kloster des Benediktinerordens im Kurfürstentum Bayern. Sein landwirtschaftlicher Grundbesitz, einschließlich der Waldungen, umfaßte rund 50.000 Tagwerk, d.h. 170 Quadratkilometer. Darunter befanden sich seit der Karolingerzeit ertragreiche Weinberge in der Wachau. Die Schifffahrt auf der Donau war für das Kloster seit 1334 von allen Zollabgaben befreit. Der Abt war um 1784 Herr über Markt Hengersberg sowie die Hofmarken Niederaltaich und Arnbruck. Dazu kamen Hunderte von Anwesen in kurfürstlichen Landgerichten. 
Zur Abtei gehörten ihre Propsteien Rinchnach und St. Oswald (seit 1567) im Böhmerwald sowie Spitz an der Wachau. Zudem versahen Patres aus dem Konvent ständig acht Pfarreien in Niederbayern und die Pfarre Aggsbach in Niederösterreich. Für weitere 21 Pfarrkirchen besaß Niederaltaich das Vorschlagsrecht. 
Die Aufhebung der Abtei begann im November 1802 mit der Übernahme der Klosterbeamten in den Dienst des Kurfürsten. Auch das Vermögen des Klosters wurde fortan vom Staat verwaltet. Die eigentliche Säkularisation traf Niederaltaich am 21. März 1803, dem Tag des hl. Benedikt. Der Abt und ein Teil der 43 Konventualen lebten bis 1806 weiterhin im Kloster. Die meisten Patres übernahmen Seelsorgestellen. Wie auch in vielen anderen Klöstern behielt man die Konventkirche für die Pfarrgemeinde. Die eigentliche Pfarrkirche wurde abgerissen. Ein Teil der Gebäude diente als staatlicher Kornspeicher, ein anderer als Schule. Den Rest verkaufte man an Privatleute. 1813 wurde das Areal durch Blitzschlag geschädigt und die meisten Gebäude in den Folgejahren abgebrochen.
1918 erstand das Kloster Niederaltaich neu als Priorat der Abtei Metten. Seine Erhebung zur Abtei folgte bereits 1930. Seit 1932 trägt die Abteikirche den Ehrentitel einer päpstlichen "Basilica minor". 
Bereits in den 1930er Jahren wurde in Niederaltaich die Ökumene zum geistlichen und geistigen Schwerpunkt. Seit 1965 verfügt das Ökumenische Institut über ein eigenes Forschungs- und Tagungszentrum. Eine Gruppe des Konvents lebt seit dem Zweiten Weltkrieg nach byzantinischem Ritus. Für sie wurde 1955 in der ehemaligen Klosterbrauerei die (1986 renovierte) Kirche St. Nikolaus geschaffen. 
Seit 1948 führen die Altaicher Benediktiner das musisch-neusprachlich orientierte Gymnasium St. Gotthard. 1959 entstand auf dem Klosterareal eine Katholische Landvolkshochschule; dieses St.-Gunther-Haus ist seit 1971 ein Bildungszentrum der Diözesen Passau und Regensburg. 2001 nahm zudem das Tagungs- und Gästehaus St. Pirmin den Betrieb auf. 
Schon seit 1962 bietet die Abtei Niederaltaich die Möglichkeit "Kloster auf Zeit" zu erleben. Diese Einrichtung hat mittlerweile in anderen Klöstern Nachahmung gefunden.

( Christian Lankes )



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Epitaph für Abt Paul Gmainer (1550-1585), Marmorbildwerk, 16. Jh. (?), Niederalteich, ehem. Benediktinerabtei Niederaltaich (Kreuzgang).
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg, G.)

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