Wülzburg


 

GESCHICHTE
Wülzburg ? Mord und Totschlag in der Abtei

An der Stelle der heutigen Festung auf dem Bergkegel östlich der Stadt Weißenburg, die ab 1588 errichtet wurde, befand sich einst ein Benediktinerkloster. Der Klostertradition zufolge soll die Abtei schon von Karl dem Großen während der Arbeiten an der nahen Fossa Carolina 793 gestiftet worden sein. Plausibler erscheint jedoch eine Gründung Ende des 11. Jahrhunderts, da die Namensreihe der Äbte erst um 1090 einsetzt. Das Kloster war den Heiligen Peter und Paul geweiht und gehörte zur Diözese Eichstätt. Die Vogtei lag in den Händen der Staufer. Der Konvent entstammte meist den umliegenden Adelsgeschlechtern. Der klösterliche Besitz war umfangreich, da die Adligen bei ihrem Eintritt in die geistliche Gemeinschaft oft ansehnliche Erbteile mitbrachten. Die Abtei verfügte über Wirtschaftshöfe im Umland und fünf inkorporierte Pfarreien, darunter jener der Stadt Weißenburg. Im Jahr 1331 unterstellte der Kaiser auch das verwaiste Kloster der Augustinerinnen in Weißenburg als Spital den Benediktinern.

Eine gewisses Ansehen des Konvents um die Mitte des 13. Jahrhunderts beweist die Berufung mehrerer Pröpste aus Wülzburg zu Äbten in anderen Klöstern. So kam Otto von Schwabsberg nach Ellwangen (1256) und Ulrich von Muhr nach Plankstetten (1260). Andererseits erlaubte Papst Innozenz IV. im Jahr 1254 dem Abt von Wülzburg die Absolution von Mönchen, die gegen die Gelübde der Armut und des Gehorsams verstoßen hatten und sogar wegen Anschlägen auf die beiden Vorgängeräbte exkommuniziert worden waren. Offensichtlich existierte in der Gemeinschaft eine Opposition, die jede Verschärfung der klösterlichen Disziplin zu vereiteln suchte.

Ende des 14. Jahrhunderts machte sich erneut ein deutlicher Niedergang der Klosterzucht bemerkbar. Im Zusammenhang damit stehen zwei Morde im Jahr 1395, die die Abtei und das Umland erschütterten. Abt Heinrich wurde wegen seiner Strenge von seinem eigenen Prior mit einem Beil erschlagen und ein herbeigerufener Bruder erschlug wiederum den Prior. Damit setzte eine Zeit schwerer Unruhe ein. Mit der Regierung des Abtes Ulrich von Fügenstall (reg. 1395?1419) begann zudem ein Streit mit der Stadt Weißenburg, der 1451 in einem Brandanschlag der Weißenburger auf das Kloster gipfelte. Kardinal Nikolaus von Cues trat für das Kloster ein. Die schuldigen Bürger wurden bestraft und mussten die geraubten Kleinodien und Bücher zurückgeben.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war die Abtei völlig heruntergekommen. Von den in anderen Klöstern erfolgreichen benediktinischen Erneuerungsbestrebungen etwa nach dem Vorbild der Abteien Kastl oder Melk war der Konvent von Wülzburg ganz unberührt geblieben. Nun versuchte Markgraf Kasimir von Brandenburg-Ansbach erneut eine Reform, aber der Konvent verweigerte sich abermals. Wie manch anderes Adelskloster in jener Zeit erstrebten die Mönche eine Umwandlung ihrer Abtei in ein Kollegiatstift. 1523 wurde die Genehmigung dazu erteilt. Der unfähige Abt Veit von Gebsattel (reg. 1510?1523) dankte ab, heiratete und wurde Gastwirt.

Das neue Kollegiatstift zählte acht Kanoniker und vier Vikare. Sein dritter Propst Friedrich war nicht nur zugleich Dompropst von Würzburg sondern auch ein Bruder des regierenden Markgrafen Georg von Brandenburg-Ansbach. Propst Friedrich versuchte noch im Stift die alte katholische Lehre zu bewahren, doch bereits 1531 waren alle seine Kanoniker verheiratet. Im Zuge der Reformation kam es nach dem Tod des Propsts ab 1536 zur Säkularisation des Kollegiatstifts. 1538 wurde zwar noch ein letzter Propst ernannt, doch 1541 übernahm ein weltliches Verwalteramt mit Sitz in Weißenburg alle Rechte.

1588 trug man die Konventgebäude ab und 1658 auch die Kirche. Versuche des Eichstätter Bischofs, um 1628/30 eine Wiederbelebung des Stiftes zu erreichen, schlugen fehl. Markgraf Georg Friedrich von Ansbach und seine Gemahlin Maria Sophia von Lüneburg ließen an Stelle der einstigen Abtei eine mächtige Bastion mit modernster Verteidigungstechnik zum Schutz ihres südlichen Herrschaftsgebiets errichten. An das ehemalige Benediktinerstift St. Peter und Paul erinnert heute nur noch ein kunstreicher Rotmarmor-Grabstein des Abtes Wilhelm (gest. 1449), der einst aus der ehemaligen Klosterkirche in die Schlosskirche der Festung übertragen wurde.

(Christine Riedl-Valder)



 

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