Vilshofen, Kapuzinerkloster


 

GESCHICHTE

Tatkräftige Helfer für die Bürger Vilshofens

Eine Legende berichtet, dass die Bürger von Vilshofen schon lange ein Kapuzinerkloster in ihrer Stadt haben wollten, da sie die Predigten der Patres überaus schätzten. Aus Platzmangel konnte ihrem Wunsch jedoch nicht entsprochen werden. Da brach am Fest St. Peter und Paul im Jahr 1640 ein Brand aus, der zwei große Getreidestadel in der Oberen Vorstadt einäscherte, wie durch ein Wunder jedoch alle anderen Häuser verschonte. Nun sah das Volk in diesem Ereignis ein Zeichen Gottes, demzufolge an dieser Stelle das ersehnte Kloster errichten werden sollte. Nachdem der bayerische Kurfürst Maximilian I. (Regierungszeit 1598?1651; seit 1623 Kurfürstenwürde) und der Passauer Fürstbischof Leopold Wilhelm (Amtszeit 1625?1661) ihre Einwilligung gegeben hatten, machte man sich an den Bau des Klosters. Die Kapuzinerpatres hospitierten bereits seit 1641 in Vilshofen, um die Arbeiten zu überwachen. Baumeister war der Tessiner Kapuzinerpater Lukas von Roveredo. 1642 konnte man die Grundsteinlegung für den Konventbau feiern, die Abt Matthäus vom benachbarten Zisterzienserkloster Aldersbach vornahm. Derselbe Abt vollzog zwei Jahre später die Grundsteinlegung für die Kirche. Doch in der Endphase des Dreißigjährigen Kriegs verzögerte sich die Fertigstellung. Als nach dem Abzug der Schweden aus Bayern 1648 auch in Vilshofen die Pest ausbrach, musste ein Teil des Konvents durch Ansteckung im Dienst an den Erkrankten sein Leben lassen. Die festliche Kirchweihe zu Ehren des hl. Vitus und der anderen Nothelfer erfolgte 1651 durch den Passauer Weihbischof Grappler. Die Klosterkirche besaß zwei Seitenaltäre, die dem hl. Antonius von Padua, einem bedeutenden Franziskanerheiligen, und dem hl. Felix von Cantalice, dem ersten Kapuzinerheiligen, geweiht waren, sowie eine Kapelle zu Ehren der Muttergottes.

Zu den Aufgaben der Kapuziner in Vilshofen gehörten neben dem Mess- und Bußsakrament in der eigenen Klosterkirche auch Aushilfen in der Pfarrseelsorge in Vilshofen und im ganzen Umland. Sie waren beliebte Prediger auf der Kanzel in der Stadtpfarrkirche, in der Stiftskirche Johannes der Täufer, bei der Corpori-Christi-Bruderschaft, besonders auch in der Fastenzeit und bei feierlichen Anlässen. Sie übernahmen den sonntäglichen Glaubensunterricht der Jugend, den Religionsunterricht in der Schule, Krankenbesuche, das Amt des ?Galgenpaters? (Seelsorge für die zum Tode Verurteilten) und die Begleitung der Wallfahrten aus der Pfarrei nach Bogenberg, Neukirchen Heilig Blut und nach Altötting. Das religiöse Leben Vilshofens in der Barockzeit war auf diese Weise von den Kapuzinern entscheidend geprägt. Ihre Versorgungsgrundlage war der Klostergarten. Den übrigen Lebensunterhalt bestritten sie im Wesentlichen durch die Vergütung für das Messelesen, die Mildtätigkeit der Gläubigen und die landesherrlichen Gaben an Salz, Bier und Holz. Viele Spenden ermöglichten es den Patres, ansässige Arme und reisende Handwerksburschen mit Essen zu versorgen. Aus der Stadt führte der ?Suppenweg? zur Niederlassung der Kapuziner. Das Kloster verfügte im 17. Jahrhundert über 26 Mönchszellen und fünf Gastzimmer. Es beherbergte auch ein Noviziat und sorgte so für die akademische Ausbildung des Priesternachwuchses.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts machten Kriege und Seuchen dem Kloster immer wieder zu schaffen. Nach dem spanischen Erbfolgekrieg 1703 brach auch in Vilshofen die Pest aus und die Patres waren Tag und Nacht damit beschäftigt, Kranke zu versorgen und den Sterbenden beizustehen. Im österreichischen Erbfolgekrieg, der zwischen 1740 und 1748 wütete, wurde das Kloster zweimal geplündert und verwüstet. Aus einer Aufstellung aus dem Jahr 1788 geht hervor, dass damals 24 Kapuziner, darunter 16 Patres, drei Kleriker und fünf Laienbrüder, im Kloster lebten. Den Ordensregeln gemäß hatten sie keinerlei Grundbesitz. Ihre Einkünfte bekamen sie aus Messstipendien, Almosen und Kollekten. Der bayerische Kurfürst schenkte dem Kloster jährlich sechseinhalb Fass Weißbier, 15 Klafter Fichten- und 5 Klafter Hartholz. Die Güter, die den Patres bei ihrer bescheidenen Lebensführung übrig blieben, wurden an Bedürftige gegeben. Als 1794 der große Stadtbrand in Vilshofen viele Gebäude in Schutt und Asche legte, konnten die Obere Vorstadt und das Kloster durch den Einsatz neuartiger Feuerspritzen vor dem Feuer bewahrt werden. Die Kapuziner waren dadurch in der Lage, die Not leidende Bevölkerung in großem Umfang zu versorgen.

Auch das Kapuzinerkloster Vilshofen wurde ein Opfer der Säkularisation, mit der die Landesdirektion ab Anfang des 19. Jahrhunderts in ganz Bayern vielen traditionsreichen und verdienstvollen kirchlichen Einrichtungen das Aus brachte. Obwohl der Magistrat von Vilshofen ein Bittgesuch nach München geschickt hatte, kam 1802 der Befehl zur Auflösung des Klosters und zum Abtransport seiner Insassen in eines der bayerischen Aussterbeklöster. Der Widerstand der Stadt und einzelner Bürger wurde von der Obrigkeit verboten. Die im ?Ausland?, z. B. in der damals noch nicht kurfürstlich-bayerischen Stadt Regensburg geborenen Kapuziner, mussten das Kloster schon vorher verlassen. Drei weitere Ordensleute legten die Kutte ab. Der Guardian übernahm die Stelle des Schlosskaplans beim Grafen Preysing zu Moos; einer der Laienbrüder starb kurz vor der Abschiebung. Die restlichen acht Kapuziner wurden Ende August 1802 nach Wasserburg umgesiedelt. Die Vorräte an Getreide, Holz, Obst und Gemüse wurden verkauft, die wenigen Wertgegenstände, vor allem Kirchengeräte sowie die bedeutende Bibliothek, versteigert. Die Gebäude und den halben Garten erwarb 1804 der Bierbrauer Wieninger für 2100 Gulden als Standort für sein Gewerbe. Kloster und Kirche wurden später zerstört. Das letzte Gebäude der Wieningerschen Brauerei wurde 1968 abgerissen und durch ein modernes Geschäfts- und Bürohaus ersetzt. An Stelle des ehemaligen Klosters erhebt sich heute ein Kaufhauskomplex. Erhalten blieben nur das Kapuzinerkreuz (jetzt am Turm der Stadtpfarrkirche) und das Altarblatt vom einstigen Hochaltar der Klosterkirche, ein Gemälde der Vierzehn Nothelfer, das sich heute in der Stadtpfarrkirche Vilshofen befindet.

Christine Riedl-Valder



 

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