Straubing, Kollegiatstift


 

GESCHICHTE
Kollegiatstift Straubing ? Im Dienst der katholischen Reform

Anfang des 16. Jahrhunderts hatte sich die Lehre Luthers in Straubing schnell verbreitet. Bereits 1523 galt die Gäubodenstadt als das Hauptzentrum der Reformation in Niederbayern. Nach dem Augsburger Religionsfrieden im Jahr 1555 waren dem bayerischen Herzog Albrecht V. (1550-1679) jedoch die rechtlichen Mittel gegeben, von den Straubingern die Rückkehr zum alten Glauben zu verlangen. 1558 schickte der Herzog Petrus Canisius, den berühmten Jesuitenprediger, nach Straubing. Wenig später fasste der Landesherr den Entschluss, die nahe der Stadt ansässigen Chorherren von Pfaffenmünster nach Straubing zu übersiedeln. Er wollte die religiöse Ausstrahlung und die besonders feierliche Pflege der Liturgie im Stift Pfaffenmünster für die katholische Reform nutzen. So konnte im Jahr 1581 mit Genehmigung von Papst Gregor VIII. das Kollegiatstift St. Tiburtius zu Pfaffenmünster an die Jakobskirche nach Straubing versetzt werden. Das Stift benannte sich von nun an nach St. Jakobus und St. Tiburtius. Im neuen Stiftswappen wurden die drei Jakobsmuscheln eingefügt. Der hl. Tiburtius wurde nun Nebenpatron der neuen Stiftskirche in Straubing und ihr zweiter Stadtpatron. Die Translation des Stifts brachte eine Neuordnung des Straubinger Kirchenwesen mit sich. Man teilte die alte Pfarrei Straubing in St. Jakob und St. Peter. Diese beiden neuen Pfarreien gliederte man dem neuen Kollegiatstift ein und ließ sie von den Chorherren betreuen.

Damit die Jakobskirche ihrer neuen Funktion als Pfarr- und Stiftskirche gerecht werden konnte, mussten einige Veränderungen erfolgen. Eine der ersten Baumaßnahmen war die Erweiterung der Sakristei und die Erhöhung des Chors und des Altars sowie die Anschaffung eines neuen Chorgestühls. 1590 kaufte das Stiftskapitel mit herzoglicher Unterstützung einen Hochaltar aus dem Nürnberger Augustinerkloster. Dieser spätgotische Flügelaltar musste 1670 einem kolossalen Hochaltar weichen, der seinerseits 1895 im Zuge einer Re-Gotisierung abgebrochen wurde. Bedeutende Gemälde der Nürnberger Altarflügel (zugeschrieben der Werkstatt von Michael Wolgemut, in der auch Albrecht Dürer als Lehrling arbeitete) und die Schreinfiguren sind in die neugotische Altaranlage von 1895 integriert.

Im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts fand in der Stiftskirche eine umfangreiche Erneuerung der zahlreichen Kapellen statt, die mit Benefizien überreich ausgestattet waren. Als Künstler arbeiteten hier bekannte süddeutsche Maler, Freskanten und Stuckatoren des Barock und Rokoko: Cosmas Damian Asam, Egid Quirin Asam, Johann Georg Bergmüller, Johann Adam Schöpf, Joseph Anton Merz, Mathias Obermayr, um einige zu nennen.

Das Stift erhielt ein großes Kapitelhaus in der Nähe von St. Jakob und gelangte in Straubing zu neuer Blüte und großem Ansehen. Das gesamte religiöse Leben der Stadt wurde durch das Kollegiatstift bestimmt. Die anderen kirchlichen und klösterlichen Einrichtungen hatten sich unterzuordnen. Das Amt des Propstes wurde im 18. Jahrhundert überwiegend an Angehörige des Hochadels verliehen und erhielt vom Papst das Recht der Pontifikalien. Mitra und Stab wurden deshalb im Wappen des Kollegiatstifts aufgenommen. Das Kollegiatstift bemühte sich auch sehr um die zeitgemäße festliche Ausgestaltung der mit ihm verbunden Außenkirchen. So wurde die Pfarrkirche St. Peter bereits 1696 barock umgestaltet. Propst Joseph Freiherr von Siegershofen (reg. 1712-1744) sorgte für Modernisierungen und zum Teil sogar für Neubauten in Stallwang, Innerhienthal, Ascha und Öberau. Der Straubinger Chorherr Johann Bartholomäus Höller ( gest.1741) finanzierte die Ausmalung der ehemaligen Stiftskirche in Pfaffenmünster mit farbenfrohen Wand- und Deckenfresken des Rokokomalers Johann Adam Schöpf (1702-1772).

Beim großen Stadtbrand von Straubing im Jahr 1780 wurden der Turm und das Dach der Stiftskirche sowie das Kapitelhaus völlig zerstört. Auch das Archiv des Stifts wurde größtenteils vernichtet. Den Neubau des Kapitelhauses 1782/83 leitete der Stadtbaumeister Ignaz Hirschstetter.

Im Rahmen der Säkularisation erfolgte 1803 die Aufhebung des Stifts St. Jakobus und St. Tiburtius zu Straubing. Der Propst und die Stiftsherren wurden pensioniert. Die Stiftskirche blieb eine Pfarrkirche. Die zum Stift gehörigen Besitzungen wurden dem königlichen Landgericht Straubing und dem Rentamt zugeordnet. Das Kapitelhaus bei St. Jakob wurde erst als königliches Appellationsgericht, später als Lehrerseminar genutzt. Es steht heute der Stadtverwaltung als Bürogebäude zur Verfügung und beherbergt das Stadtbauamt.

(Christine Riedl-Valder)



 

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