München, Karmelitinnenkloster


 

GESCHICHTE

München, Karmelitinnenkloster – Der rettende Engel von München

 

Nachdem der bayerische Kurfürst Maximilian I. im Jahr 1629 zum Dank für seinen Sieg über die Protestanten in der Schlacht am Weißen Berg ein Kloster der Unbeschuhten Karmeliten in München gegründet hatte, äußerte seine Gemahlin Kurfürstin Maria Anna den Wunsch, auch dem weiblichen Zweig dieses strengen Reformordens eine Heimat in der bayerischen Residenzstadt zu bieten. Trotz Verhandlungen mit dem Orden und dem Freisinger Fürstbischof konnten diese Pläne damals nicht in die Tat umgesetzt werden. Der entscheidende Impuls erfolgte erst während der österreichischen Besetzung Bayerns im Spanischen Erbfolgekrieg. Die Legende erzählt, dass die tiefgläubige Münchner Bürgerstochter und spätere Karmelitin Maria Anna Lindmayr (1657–1726) in einer Vision erfahren habe, dass München von der Verwüstung verschont bleiben würde, wenn die Gemeinde eine Kirche zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit errichten ließe. Daraufhin gelobten am 17. Juli 1704 die drei Stände Klerus, Adel und Bürger den Kirchenbau. Tatsächlich wurde die Stadt im Gegensatz zum übrigen Bayern weder belagert noch von der Pest heimgesucht. Anna Maria Lindmayr soll 1705 auch den Frieden zwischen dem österreichischen Kaiser und dem bayerischen Kurfürsten vermittelt haben.

 

1710 erwarb sie in der Münchner Altstadt nahe dem Karlsplatz das gräflich Arco`sche Haus, um es dem Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen zur Verfügung zu stellen. Für ihre Klosterpläne konnte sie Kaiserin Eleonora gewinnen. Diese beauftragte den kaiserlichen Administrator Graf Karl von Löwenstein mit der Organisation der Gründung. Am 16. September 1711 trafen die ersten vier Ordensschwestern aus Prag in München ein und wurden feierlich empfangen. Am 21. Oktober 1711 wurde der Grundstein zum Bau der Dreifaltigkeitskirche gelegt; zwei Tage später erfolgte durch Abt Plazidus von Ettal die Grundsteinlegung für das benachbarte Kloster, das 1714 bezogen werden konnte. Baumeister des Klosters war der Karmelit P. Dominicus a S. Euphrosyna. Die Dreifaltigkeitskirche wurde ab 1711 von dem kurfürstlichen Hofbaumeister Giovanni Antonio Viscardi (1645–1713) entworfen und von Enrico Zuccali und Johann Ettenhofer ausgeführt. 1718 weihte der Freisinger Fürstbischof Johann Franz Eckher (1696–1727) das Gotteshaus ein. An das Eingangsportal setzte man die Worte: „Die Stadt läg in dem Grund, wan dise Kirch nit stund.“ Maria Anna Lindmayr galt seitdem als „rettender Engel Münchens“. 1712 trat die damals 55-Jährige als Novizin in das Dreifaltigkeitskloster ein. Sie erhielt den Namen Maria Anna Josepha a Jesu und diente dem Konvent anfangs als Krankenschwester. 1716 wurde sie Priorin des Klosters, 1722 Novizenmeisterin. Ihre Visionen dauerten an und festigten ihren Ruf als Mystikerin. In ihrer Autobiografie widmete sie sich vor allem dem Leiden der Armen Seelen im Fegefeuer. Eine Freundschaft verband Maria Anna Lindmayr mit Maria Crescentia Höß von Kaufbeuren (1682–1744), einer Franziskaner-Mystikerin aus dem Maierhof-Kloster. Unmittelbar nach dem Tod von Maria Anna Lindmayr leitete Fürstbischof Eckher von Freising den Prozess zur Seligsprechung ein, doch kam dieser zum Erliegen, als Eckher starb (1727).

Im Zuge der Säkularisation wurde 1802/03 auch das Münchner Karmelitinnenkloster aufgehoben. Aller Besitz wurde vom Staat eingezogen. Die kostbaren Paramente und Gefäße aus der Sakristei der Dreifaltigkeitskirche und sogar die wertvolle Fassung der Reliquien des hl. Märtyrers Florentius wurden an das Münzamt zur Verwertung übergeben. 1802 mussten die Nonnen ihr Kloster verlassen und in das Zentralkloster nach Pielenhofen übersiedeln. Die sterblichen Überreste der Ordensangehörigen aus der Klostergruft wurden 1803 an unbekannter Stelle auf dem Münchner Südfriedhof vergraben. Darunter befanden sich auch die Gebeine von Maria Anna Lindmayr. In das Klostergebäude zog das Kurfürstliche Pfand- u. Leihhaus ein. Der Großteil der Gebäude in der heutigen Rochusstraße wurde 1877 abgerissen und an seiner Stelle ein Mietshaus errichtet. Als einzige Kirche in der Innenstadt Münchens blieb die Dreifaltigkeitskirche von der Zerstörung durch Bomben im Zweiten Weltkrieg verschont.

Die Dreifaltigkeitskirche gilt als erster Sakralbau Münchens im spätbarocken Stil. Er ist ein Zentralbau in Form eines (griechischen) Kreuzes; der Hauptraum wird von einer Kuppel überwölbt. Die doppelgeschossige Südfassade zur Pacellistraße springt aus der Häuserfront hervor. Cosmas Damian Asam gestaltete in diesem Gotteshaus 1714/15 das erste barocke Kuppelfresko in München. Es zeigt die Verehrung der Dreifaltigkeit durch die Engel, Tugenden, Apostel und Heilige. Die weitere Innenausstattung erfolgte durch eine Reihe hervorragender Künstler wie Joseph Ruffini (Altarblatt „Hl. Josef“ für den Josefsaltar), Andreas Faistenberger (Figuren des hl. Petrus und hl. Johannes d. T. am Josefsaltar), Johann Baptist Straub (Tabernakel mit Emmausszene im Relief) und Johann Georg Baader (Stukkaturen). Das Patrozinium wird zum Fest der Allerheiligen Dreifaltigkeit (Sonntag nach Pfingsten) begangen. Die Dreifaltigkeitsdarstellung auf dem Hochaltarblatt von Johann Anton Wolff, in der der Heilige Geist als Jüngling erscheint, soll durch Visionen der Maria Anna Lindmayr inspiriert sein. Einige Reliquien der Mystikerin werden heute im Münchner Karmelitenkloster St. Theresia aufbewahrt. Zum 300-jährigen Jubiläum des Gelöbnisses, das zum Bau der Dreifaltigkeitskirche führte, erarbeitete das Archiv des Erzbistums München und Freising 2004 eine umfangreiche Ausstellung. Bis heute ist dieses Gotteshaus eine Erinnerung an den Spanischen Erbfolgekrieg, ein eindrucksvolles Zeugnis barocker Frömmigkeit und eine der schönsten Kirchen Münchens.

 

Christine Riedl-Valder

 

 

Link:

http://www.kath-info.de/pio.html

http://www.deutsche-biographie.de/artikelNDB_pnd118573233.html (Autor: Manfred Weitlauff).



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Dreifaltigkeitskirche in München (ehem. Klosterkirche der unbesch. Karmelitinnen), 1718, Architekt: Antonio Viscardi.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg)

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