Banz


 

GESCHICHTE
Kloster Banz? Burgberg und Hort barocker Gelehrsamkeit

Die Benediktinerabtei Banz war bis zur Säkularisation das älteste Kloster am Obermain. Auf einem Bergsporn über dem Maintal thront noch heute die Klosteranlage. Ihre Kirche zählt zu den herausragenden Bauten des fränkischen Barock.

Bereits im frühen Mittelalter war der Banzer Berg durch eine Ringwallanlage befestigt. Im späten 10. Jahrhundert errichteten die Grafen von Schweinfurt eine Burg. In ihren Mauern stiftete Alberada, eine Tochter Ottos, des letzten Schweinfurter Grafen, wohl um 1071 ein Kloster und besetzte es mit Mönchen aus der Abtei Fulda.

Bischof Otto von Bamberg weihte 1114 die Klosterkirche von Banz und reorganisierte 1121 die Abtei mit Mönchen aus Prüfening bei Regensburg. Im 12. Jahrhundert übernahm das Bistum Bamberg von den Grafen von Abenberg die Vogtei über das Kloster Banz. Spätestens ab dem 14. Jahrhundert diente Banz vor allem zur Versorgung nachgeborener Söhne des Adels aus dem östlichen Franken. Zur Sicherung eines adligen Lebensstandards begrenzte man 1379 den Konvent auf maximal zwanzig Mönche. Das Leben der Konventualen entfernte sich immer mehr von der Regel des hl. Benedikt und ähnelte eher den Gewohnheiten von Stiftsherren. Ein Reformversuch von 1492 zur Erneuerung der benediktinischen Observanz, also ein Leben in Armut, Gehorsam und Ortsgebundenheit, konnte sich nicht durchsetzen. Im 15. Jahrhundert gab es zudem immer wieder Streit zwischen den etwa sechs bis acht Mönchen und dem Abt um die Nutzung des Klostergutes. Dieses reichte über den Banzgau hinaus bis nach Sachsen. Durch ihre Rolle als Schiedsrichter versuchten die Bamberger Bischöfe ihren Einfluss auf das Kloster zu stärken.

Nach einem Brand im Jahr 1505 und der Zerstörung im Bauernkrieg von 1525 wurde das Kloster mit zunächst nur drei Mönchen unter Abt Alexander von Rotenhan (reg. 1529-1554) neu begründet. Von 1565 bis 1568 eskalierte der Streit zwischen dem Bischof von Würzburg, dem Bischof von Bamberg und dem Herzog von Sachsen um das Kloster, das mehrfach von Truppen besetzt wurde. 1568 trat Abt Georg von Henneberg mit dem gesamten Konvent zum Protestantismus über und die Mönche verließen das Kloster. Weite Teile des Banzer Gebiets schlossen sich der Lehre Luthers an und wurden erst am Ende des 16. Jahrhunderts wieder katholisch.

Nachdem Banz sieben Jahre lang verwaist gewesen war, erneuerte Abt Johann Burkhard (reg. 1575-1598) im Auftrag des Bischofs von Würzburg den Konvent, zu dem nur noch Nichtadlige zugelassen waren. Johann Burkhard ? gleichzeitig auch Vorsteher der Abteien Münsterschwarzach und St. Stephan in Würzburg ? ließ 1580 eine neue Kirche fertigstellen. Ab 1600 wurden umliegende Pfarrstellen mit Mönchen aus dem etwa fünfzehn Mönche zählenden Konvent besetzt, doch die Plünderung von Kloster und Umland während des Feldzuges König Gustav Adolfs von 1632 bedeutete einen schweren Rückschlag.

Einen Aufschwung brachte die Regierungszeit des Abts Otto de la Bourde (1664-1677), der das Kloster reich beschenkte und in kaiserlichem Dienst bis zum Bischof von Gurk aufstieg. Erst 1688 gelangte Banz endgültig an das Bistum Bamberg. Unter Eucharius Weinert (reg. 1677-1701), der in Personalunion auch Abt von St. Stephan in Würzburg war, begann 1698 der Neubau des Klosters im Stil des Barock. Die Fertigstellung in mehreren Bauabschnitten dauerte bis 1775.

Die ursprünglichen Pläne stammten von Leonhard Dientzenhofer. Nach dessen Tod übernahm 1707 sein Bruder Johann Dientzenhofer die Weiterführung des Baus und später Balthasar Neumann. Auf die Pläne von Johann Dientzenhofer geht die Kirche zurück, die 1719 geweiht wurde. Der Blick im Kircheninnern fällt durch den Hochaltar hindurch auf das Altarbild im Chorraum der Mönche. Auch die Gesimse und das Gewölbe des Kirchenraums spielen mit der Durchdringung von Raumgrenzen und verleihen dem im Grundriss fast rechteckigen Bau eine kuppelartige Raumwirkung. Architektur und Ausstattung der Abteikirche entstanden in nur acht Jahren Bauzeit und machen Banz zu einem in sich geschlossenen Meisterwerk des Barock. Der Bamberger Hofstuckateur Johann Jakob Vogel und der Tiroler Freskenmaler Melchior Steidl schmückten die Abteikirche aus. Weitere Meisterwerkein der Kirche sind eine Pietà (um 1740) und eine Marienfigur des Kronacher Bildhauers Pankraz Fried (um 1770/1775) sowie das Chorgestühl des Hofschreiners Johann Georg Neßtfell mit zwanzig Intarsienbildern zum Leben des hl. Benedikt (1749). Von der Barockorgel aus der Werkstatt des Würzburger Meisters Johann Philipp Seuffert (1737) sind der Prospekt und der freistehende Spieltisch erhalten. Bei der Restaurierung der Orgel 1985 wurde ein Orgelwerk von Seuffert von 1744/48 aus der Benediktinerabtei Grafschaft bei Meschede angekauft und in den alten Prospekt eingebaut.

Wie in vielen Klöstern Süddeutschlands im 18. Jahrhundert trat auch in Banz ein Komponist hervor - Pater Valentin Rathgeber (1680-1750). Nach dem Studium in Würzburg kam er 1707 als Kammerdiener des Abtes Kilian Döring nach Banz und trat 1708 ins Kloster ein. Erste Kompositionen Rathgebers erschienen 1721 beim Augsburger Verleger Johann Jakob Lotter. Ohne Erlaubnis trat Pater Valentin eine ?Geniereise? an, um die neueste Musik kennenzulernen. Am 22. Oktober 1729 verließ er ?morgens im gewöhnlichen Anzug... und ohne sich um die Fragen des Abtes und anderer Standesgenossen um den Zweck seines Ausganges zu bekümmern? das Kloster und tauchte für neun Jahre unter. Bis zur ungarischen Erzabtei Pannonhalma wanderte der Mönch aus Banz 1735, danach verliert sich seine Spur. Im September 1738 kehrte er in das Kloster zurück, wo er zunächst in den unterirdischen Karzer gesperrt wurde. Nach einer Generalbeichte und der Erneuerung der Ordensgelübde, wurde er wieder in die Gemeinschaft aufgenommen und in seine früheren Ämter eingesetzt. Valentin Rathgeber veröffentlichte insgesamt 486 Kompositionen. Der große Erfolg in Klöstern von Süddeutschland bis Ungarn, Polen und in die Slowakei erklärt sich aus der leichten Aufführbarkeit der Werke für den liturgischen Gebrauch. Dennoch war eine Sammlung weltlicher Lieder Rathgebers größter Erfolg: das dreibändige ?Ohren-Vergnügende und Gemüthergötzende Tafel-Confect? (1733-1737).

Auch die Gelehrsamkeit des Klosters erreichte im 18. Jahrhundert eine besondere Strahlkraft. Abt Gregor Stumm (reg. 1731-1768) begründete den Ruf von Banz als Hort der Wissenschaft. Die Konventualen widmeten sich vor allem dem Studium der Theologie, der Philosophie, dem weltlichem und kirchlichen Recht und nutzten neben der mit 15.000 Bänden ausgestatteten Bibliothek auch ein Naturalienkabinett und ein Münzkabinett für ihre Forschungen. Die von Abt Stumm zwischen 1775 und 1798 herausgegebene Zeitschrift ?Litteratur des katholischen Deutschlands? diskutierte theologische und philosophische Fragen und vermittelte zwischen jesuitischer Lehre und den Ideen der Aufklärung. Den Ruf der Abtei mehrten Gelehrte wie Abt Molitor (1728-1792), Pater Clumban Rösser (1736-1780) und Pater Placidus Sprenger (1735-1806). Pater Domenikus Schramm (1723-1797) lehrte an den Universitäten in Erlangen und Ingolstadt und edierte die Werke der Kirchenväter. Pater Johann Baptist Roppelt zeichnete 1785 eine ?Geographische Karte von allen Klösterlichen Besitzungen und Gerechtsamm?.

Nach dem Durchzug französischer Truppen 1796 und 1800 besuchte im Frühjahr 1802 der bayerische Major Karl Roger von Ribeaupierre das Kloster Banz ? die Säkularisation zeichnete sich ab. Sie erfolgte für das Hochstift Bamberg und damit auch für Banz am 28. November 1802. Im Jahr 1803 wurde die Verwaltung des Klosters vom Kurfürstentum Bayern übernommen, die Gebäude teilweise verkauft und abgerissen, ein Landgericht, ein Rentamt und ein Gefängnis angesiedelt. Die Klosterkirche machte man zur Pfarrkirche.

Die Bücher der Abtei kamen in die staatliche Bibliothek nach Bamberg, die Münzsammlung ging nach München. Das Naturalienkabinett bildet heute zusammen mit der Sammlung des Klosters Langheim den Grundstock der Sammlungen im Naturkundemuseum und im Historischen Museum Bamberg. Nur acht Konventualen wechselten in die Seelsorge, einige lehrten an Universitäten. Die anderen Mönche erhielten Pensionen. Die Säkularisation galt am 24. Oktober 1803 offiziell als abgeschlossen, doch der letzte Banzer Mönch starb erst 1853.

Im Jahr 1814 kaufte Herzog Wilhelm in Bayern aus der Linie Zweibrücken des Hauses Wittelsbach die ehemalige Klosteranlage. Das ?Schloss Banz? diente nun als Sommerresidenz, wo Herzog Wilhelm unter anderem den König von Bayern oder die Zarin von Rußland zu Gast hatte. Die Wohnräume erhielten eine neue Ausstattung, so wurden im Kaisersaal die Kaiserporträts durch Bilder von Wittelsbachern ersetzt. Die Klostergruft diente bis 1883 als Grablege der herzoglichen Familie.

Zur Zeit des Herzogs Wilhelm begannen der Pfarrer Augustin Geyer und der Jurist Carl Theodori in der Umgebung von Banz ?Petrefakten? - also Versteinerungen - zu suchen. Diese Sammlung zog viele Besucher nach Banz. Ein besonderes Ausstellungsstück der 1988 wiedereröffneten Sammlung ist ein 2,10 Meter langer Schädel eines Ichtyosaurus. Es handelt sich bei dem Fund vom Fuß des Banzer Bergs um den größten Fischsaurierschädel Europas. Zudem beherbergt die Sammlung Funde des Herzogs Max von Bayern aus Ägypten und dem Nahen Osten: Neben ägyptischen Grabbeigaben, Teilen von Tempelreliefs zählen eine 3000 Jahre alte Mumie und ein vier Meter langes, von Herzog Max erlegtes Nilkrokodil zu den bekanntesten Stücken.

1920 verpachtete Ludwig Wilhelm Herzog in Bayern das Areal an eine Gemeinschaft von 52 Trappisten, deren Kloster Ölenberg im Elsass im Weltkrieg zerstört worden war. 1922 wurde Banz zum selbstständigen Priorat, doch bald übersiedelten die Trappisten nach Engelszell in Österreich. Verhandlungen mit der Benediktinerabtei Scheyern um eine Nutzung des verlassenen Klosters blieben ergebnislos. 1933 wurde Banz an die ?Gemeinschaft von den heiligen Engeln? verkauft. Der Gründer dieses Ordens, Franz Xaver Geyer, errichtete 1935 in Banz die ?Auslandsdeutsche Mission? mit einem Seminar. In den folgenden Jahre prägten das klösterliche Leben jedoch vor allem Restriktionen durch das nationalsozialistische Regime, die Einrichtung eines Lazaretts sowie Einlagerungen von Museumsgut aus Nürnberg, Berlin, Coburg und Prag. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg verringerte sich die geistliche Gemeinschaft, bis 1978 die Klosteranlage mit Ausnahme der Kirche an die Hanns-Seidel-Stiftung verkauft wurde. Diese hat die Anlage gründlich renoviert und nutzt sie seither als Tagungszentrum für die politische Bildungsarbeit.

(Markus Schütz)



 

SUCHE

LAGE IN BAYERN
Kartenausschnitt in Google Maps anzeigen