Bamberg, Franziskanerkloster


 

GESCHICHTE

Bamberger Franziskaner ? Fröhliche Brüder als Vorbild für Nächstenliebe und Disziplin

Die Bamberger Niederlassung der Franziskaner war eine der ersten nördlich der Alpen. Nachdem im Jahr 1221 unter Führung des seligen Albert von Pisa die ersten Brüder nach Deutschland gekommen waren, wurde 1223 auf einem Kapitel in Speyer Pater Marcus von Mailand zum Beauftragten für Franken ernannt. Dieser sandte noch im gleichen Jahr Brüder nach Bamberg.

Die erste Ansiedlung lag am Stadtrand an der Stelle der heutigen Sebastianskapelle (Siechenstraße). Dort betreuten die ?Minderbrüder? in einem Leprosenhaus (später ?Liebfrauensiechenhaus?) die mit ansteckenden Krankheiten Behafteten. Die Bevölkerung war froh um ihre Dienste und die Fratres wurden freundlich aufgenommen. Man nannte sie die ?Fratres gaudentes? ? die fröhlichen Brüder. Da die Franziskaner durch ihre vorbildliche Lebensweise und Predigttätigkeit viel Zulauf hatten, kam es immer wieder zu Spannungen mit der ortsansässigen Geistlichkeit, insbesondere mit dem Domkapitel. Erst um das Jahr 1270 begannen die Barfüßer einen Kirchenbau, der 1273 von Bischof Hartmann von Augsburg eingeweiht wurde.

Nach der Aufhebung des Templerordens durch Papst Clemens V. übergab der Bamberger Bischof Wulfing den Barfüßern im Jahr 1311 das Templerhaus und deren Kirche am Schrannenplatz im Stadtzentrum. Die übernommenen Gebäude wurden in den folgenden Jahrzehnten den neuen Bedürfnissen angepasst, u. a. wurde eine Wasserleitung ins Haus gelegt ? für damalige Verhältnisse eine sehr moderne Einrichtung.

1374 weihte Weihbischof Johannes die umgebaute Kirche zu Ehren der hl. Anna. Es handelte sich um eine stattliche Basilika mit einem weiträumigen, flach gedeckten Hauptschiff und gewölbten Seitenschiffen sowie einem gerade geschlossenen Chor. Der Bau entsprach den Bettelordenskirchen des Oberrheingebiets, zu dem das Bamberger Kloster als Glied der Straßburger Ordensprovinz enge Beziehungen unterhielt. Als bevorzugte Begräbnisstätte der Bamberger Bürgerschaft und fränkischer Adliger wurde St. Anna in der Folgezeit mit zahlreichen Stiftungen bedacht. Das Hauptgeviert des Klosters war an die Kirche angebaut. Die umgebende Klostermauer umschloss auch eine Anzahl größerer und kleinerer Wirtschaftsgebäude.

Durch zahlreiche Schenkungen und Erbschaften konnte eine ansehnliche Bibliothek mit vielen wertvollen Inkunabeln angeschafft werden, die den Bamberger Franziskanern eine rege wissenschaftliche Tätigkeit ermöglichte. Darüber hinaus führte der Reichtum das Kloster im 15. Jahrhundert jedoch zu einem Lebensstil, der mit dem ursprünglichen Armutsideal nicht mehr zu vereinbaren war. Im Orden selbst war schon früh der Streit um die engere oder weitere Auslegung der Franziskanerregel ausgebrochen. Neben dem hl. Bernardin von Siena trat auch der hl. Johannes Capistrano mit großem Eifer für eine Reform ein. Er erhielt 1449 von Papst Nikolaus V. die Vollmacht, Reformklöster der Franziskaner-Observanten zu gründen. Bei seinem Besuch in Bamberg im Jahr 1452 hatte der wortgewandte Prediger in der Barfüßerkirche einen so gewaltigen Zulauf, dass man Ordnungsmaßnahmen ergreifen musste. Auf Initiative von Bischof Georg von Schaumberg schloß sich der Bamberger Franziskanerkonvent unter seinem Guardian Johannes Gerner 1460 ebenfalls der Reformbewegung des Ordens an.

Zu den Aufgaben der Barfüßer gehörten u. a. die Gottes- und Predigtdienste in der Klosterkirche, in dem Kirchlein beim Leprosenheim, in der Marienkapelle und seit 1550 die Predigerstelle an der Pfarrkirche auf dem Kaulberg. Vor allem auch während Wirren zu Beginn der Reformation sorgte ihr Vorbild dafür, dass viele beim alten Glauben blieben oder zu diesem zurückfanden. Eine besondere Bedeutung kam den Franziskanern in Bamberg, wie in vielen anderen Bischofsstädten, als Beichtväter zu. Das Domstift, die Kanonikate von St. Jakob, St. Stephan und St. Gangolf, die Klarissen und das Benediktinerkloster St. Michael hatten ihre Beichtväter bei den Minderbrüdern. Zudem hatten die Franziskaner die Seelsorge der Gefangenen und zum Tode Verurteilten übernommen, seit 1612 auch das Geleit zur Richtstätte.

Wissenschaft und Lehre befanden sich im 18. Jahrhundert auf höchstem Stand. Als das Noviziat und ein Teil des theologischen Studiums nach Bamberg verlegt wurden, begann man 1716 mit einem Neubau und der Vergrößerung des Klosters. In der Konventkirche fanden nun häufig öffentliche Diskussionen der jungen Patres statt. Viele Lektoren wurden nach auswärts auf Lehrstühle berufen.

Die Aufhebung dieses blühenden Klosters erfolgte in einer Blitzaktion im Jahr 1806. Innerhalb von wenigen Stunden setzte die bayerische Regierung dem Wirken der Franziskaner an diesem Ort ein Ende. In die Räume zog das Militär ein. Die Kirche samt Sakristei wurde als Magazin profaniert. Die Franziskaner hatte man zunächst im Kapuzinerkloster untergebracht; ein Teil des Konvents ging in die Pfarrseeelsorge, doch viele von ihnen fristeten später eine kärgliche Existenz.

1811 erfolgte der Abriss der Kirche. Ihre Ausstattung und ihre Kunstwerke wurden zum Teil auf andere Bamberger Kirchen verteilt. Fünf Tafelbilder des kostbaren Kreuzaltars, der 1429 von dem Nürnberger Meister Berthold angefertigt worden war, gelangten in das Bayerische Nationalmuseum in München. Die Bibliothek, die mehr als 3000 Bände umfasste, ging zum Großteil in die öffentliche Hand über. Die stark beschädigten Klostergebäude dienten in der Folgezeit als Gericht; schließlich hat man ein Postamt darin untergebracht. Erhalten ist heute noch der schlichte Klosterbau aus dem Jahr 1716 mit drei dreigeschossigen Flügeln um den jetzt offenen Kreuzhof und einem Flügel zur Regnitz.

Eine neue Niederlassung der Franziskaner in Bamberg zog 1852 gegenüber der Jakobskirche ein. Die Brüder erbauten 1897 das Seminar ?Antonianum? für den Ordensnachwuchs. Ihr Konvent in der Eckbertstraße ist heute eine der 22 Franziskaner-Niederlassungen in Bayern und steht ganz in der Ordenstradition der Volksseelsorge.

(Christine Riedl-Valder)



 

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