Zeitzeugen berichten

Siegfried Röhr DDR-Flüchtling, Melker, Lagerist, Kipperfahrer, Textilarbeiter, Autor

Signatur
zz-1523.01
Copyright
Haus der Bayerischen Geschichte (Georg Schmidbauer M.A.)
Referenzjahr
1989

Im hier gezeigten Ausschnitt berichtet Siegfried Röhr über seine zweite Flucht aus der DDR, die er 1989 zusammen mit seiner Frau über Ungarn unternahm.

Dieser Clip ist Teil des folgenden Interviews:

Lebensgeschichtliches Zeitzeugeninterview mit Siegfried Röhr, aufgenommen am 11.11.2013 in Augsburg, über seine Kindheit, die Flucht aus der DDR 1954, sein Arbeitsleben im Westen, die Rückkehr in die DDR, Probleme mit der SED und die erneute Flucht 1989.

Biogramm

Siegfried Röhr wurde 1939 in Crimmitschau geboren und erlebte die Nachkriegszeit in der DDR. Aufgrund von Problemen mit seinen Eltern sowie mit staatlichen Stellen flüchtete er 1954 nach Westberlin. In den folgenden Jahren war er an mehreren Arbeitsstellen in der Bundesrepublik tätig. Aufgrund der Erkrankungen seines Vaters fuhr Siegfried Röhr 1959 in seine frühere Heimat. Von den DDR-Behörden wurde er als Rückkehrer eingestuft und musste in der DDR bleiben. Schwierigkeiten mit Parteiorganisationen führten zum zweiten Fluchtversuch 1959, der an der Sektorengrenze in Berlin scheiterte. Siegfried Röhr blieb daraufhin in der DDR und arbeitete bei der SDAG Wismut. Dort organisierte er einen fahrenden Gastronomiebetrieb für die Kumpel, die so genannte „Rädlbar“, und betätigte sich kulturell im Bergarbeiterchor. 1986 erlebte er die Auswirkungen des Reaktorunfalls in Tschernobyl. Kurz vor der Wende 1989 beantragte Siegfried Röhr ein Ausreisevisum und gelangte mit seiner Frau über Bratislava in den Westen. Nach verschiedenen Versuchen im Raum Stuttgart Arbeit zu finden, arbeitete er bei der AKS in Augsburg, wo er das Ende der dortigen Textilindustrie miterlebte. Literatur: Siegfried Röhr: Mit der Rädlbar unterwegs im Wismutrevier, Erfurt 2005. Siegfried Röhr: "Und kehr ich heim zum Schätzelein ...": Wismutkumpel in der Freizeit, Erfurt 2007. Siegfried Röhr: Ein junger Sachse zog von Ort zu Ort, nie blieb er dort, Berlin / München 2009. Siegfried Röhr: Ein halbes Jahrhundert. Chorgesang ist meine Welt, Augsburg 2015.

Inhalte

Geboren im August 1939 in Crimmitschau – Textilindustrie – Luftangriffe – Abbruch der Kellnerlehre aus gesundheitlichen Gründen – kein gutes Verhältnis zu den Eltern – 1954 Idee der Flucht in den Westen – Überquerung der Grenze in Berlin zu Verwandten – Benötigte Genehmigung der Eltern zur Ausreise – Ankunft im Auffanglager Gießen 1955 – Erhalt der Aufenthaltsgenehmigung – Stelle als Lehrling bei einem Landwirt im Taunus – schlechte Situation, reiner Laufbursche – Wechsel der Arbeitsstelle – erneut schlechte Bedingungen – Wanderschaft durch die Bundesrepublik – Kontakt zu westdeutschen Jugendlichen – Unterkunft bei Verwandten in Hamburg – Besuch der Reeperbahn – Arbeit bei BASF in der Versuchsabteilung – Erkrankung des Vaters an TBC – Rückkehr nach Crimmitschau – Einreise in die DDR ohne Reisegenehmigung – Übernahme des elterlichen Betriebes wurde abgelehnt – Einstufung als Rückkehrer und Einzug des Passes – Arbeit als Melker in der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) – Eintritt in die Partei als Bedingung zum Meisterlehrgang – Eintritt in eine Blockpartei – Probleme mit Parteimitgliedern – Idee einer erneuten Flucht – Flucht über Berlin mit dem Moped scheiterte 1959 – Festnahme – Freispruch vom Vorwurf der Republikflucht durch einen ihm wohlgesonnenen Richter – Ausbildung zum Lageristen – gute Bezahlung bei SDAG (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft) Wismut – erste Bewerbung als Fahrer scheiterte aufgrund mangelnder Fahrpraxis – Arbeit als Zugmaschinenfahrer in der Mistkolonne – 1963 Arbeit bei Wismut – Uranabbau – Kipperfahrer – Verletzung durch einen Lenkradschlag – Arbeit als Busfahrer – Verlust des Betriebsausweises durch Diebstahl – Aufbau einer Kantine auf Rädern bei Wismut – Arbeit bei der sogenannten „Rädlbar“ – bessere Versorgung in der Wismut – Vergünstigungen für Arbeiter in der Wismut – gesundheitsschädigende Arbeit – gute Gesundheitsuntersuchungen bei der Wismut – Ausreise der Schwester aus der DDR – Tagesablauf bei der „Rädlbar“ – Beschränkungen für Nicht-Parteimitglieder – Arbeit als Kulturobmann – bessere Kameradschaft im Betrieb als im Westen – Bild vom Westen – durch Aufenthalt im Westen Vergleichsmöglichkeit – DDR diktatorisch – West-Fernsehen – UNO-Beitritt der DDR – Westbesuch – Angeberei – Ausreise der Eltern 1978 – Versteigerung des zurückgebliebenen Mobiliars – schlechte Altbauwohnungen – Umzug nach Gera in einen Neubau – Gartenverband Gera-Lusan – Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 – Informationen über Verstrahlung des Bodens nur über den Westen erhalten – Flucht in den Westen mit seiner Frau über Ungarn – Aufnahme als Bundesbürger in Grafenwöhr – Ankunft in einem kirchlichen Heim in Stuttgart – ein Jahr Arbeitslosengeld garantiert in der Bundesrepublik – schwierige Arbeitssuche – Wohnungsnot – Öffnung der Grenze am 09.11.1989 – erste TÜV-Prüfung des Autos – Umzug nach Augsburg zur Schwester – Arbeit in der Kammgarn-Spinnerei – Entlassung 1993 – Arbeit in den Ulrichswerkstätten – Niedergang der Textilbetriebe in Augsburg – Altersteilzeit und Rente – individuelle Freiheit im Westen gegen Kameradschaft im Osten – Bild von Bayern.

Daten

Art:
Lebensgeschichtliches Zeitzeugen-Interview
Dauer:
2:00 h
Aufnahmedatum:
11.11.2013
Sprache:
deutsch
Aufnahmeteam:

Interview: Georg Schmidbauer M.A.

Kamera: Georg Schmidbauer M.A.