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Ludwig II.

 

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Die Innenpolitik unter König Ludwig III.

Thronwechsel und Königtum

Die Umwandlung der Regentschaft Ludwigs in ein Königtum zog sich bis zum Ende des Jahres 1913 hin. Erst nach langwierigen Debatten im Parlament billigten beide Kammern am 30. Oktober bzw. 4. November eine Verfassungsänderung, die es dem als Prinzregent regierenden Ludwig ermöglichte, König Otto I. für abgesetzt zu erklären und sich zum neuen König zu proklamieren.

(Siehe hierzu: Von Prinzregent Ludwig zu König Ludwig III.)

 

Innenpolitik vor dem Ersten Weltkrieg

Die Soziale Frage war beim Regierungsantritt Ludwigs eines der dringlichsten Probleme der Politik. 1913 wurden von der bayerischen Regierung Pläne zur staatlichen Unterstützung Arbeitsloser ausgearbeitet. Die erste Kammer des Parlaments, die Reichsräte, lehnten diese Pläne jedoch ab. Zu Beginn des Jahres 1914 kam es in ganz Bayern zu Demonstrationen Arbeitsloser, die auf die Verelendung der Arbeiterschaft und die sozialen Probleme aufmerksam machen wollten.

 

Innenpolitik im Ersten Weltkrieg

Eineinhalb Jahre nachdem König Ludwig III. die Herrschaft als Prinzregent angetreten hatte, brach am 1. August 1914 der Erste Weltkrieg aus und überlagerte alle anderen politischen Themenfelder. Bereits kurz nach Kriegsausbruch bewilligte der Landtag – mit Ausnahme der Stimmen der Sozialdemokraten – das Haushaltsgesetz sowie eine zusätzliche Ermächtigung zur Kreditaufnahme, sollte hierfür Bedarf bestehen.

In dem Maße wir der Deutsche Reichstag in Kriegszeiten an Bedeutung gewann, verlor der Bayerische Landtag an Einfluss. Das politische Geschehen wurde von Berlin bestimmt, die Verwaltungswege wurden mehr und mehr zentralisiert, um eine reichseinheitliche, kriegstaugliche Planwirtschaft zu schaffen.

Ab 1916 wurde die Politik zunehmend aus den Entscheidungsprozessen gedrängt und Militärs, insbesondere die Oberste Heeresleitung (OHL), nahmen nun die Führungsrolle wahr – das Deutsche Reich entwickelte sich quasi zu einer Militärdiktatur.

Bezüglich der angespannten Ernährungslage für die bayerische Bevölkerung, die seit Kriegsbeginn herrschte,  kam von Seiten der Behörden in den ersten Monaten keine Hilfe, da diese auf eine derart unzureichende Lebensmittelversorgung nicht vorbereitet waren. Ab Sommer 1915 drängte das Kriegsministerium darauf, die Probleme der Lebensmittelknappheit und derer Begleitumstände, wie Preiswucher, Warenhortung und Hamstern, intensiver zu bekämpfen. Im Sommer 1916 wurde im Innenministerium ein Ernährungsbeirat gebildet, der die Probleme rasch und pragmatisch lösen sollte, was jedoch nur bedingt gelang. Letztlich spitzte sich die Versorgungssituation weiter zu.

Der schwelende Konflikt zwischen Bauern und Stadtbewohnern – die einen Nahrungsmittelproduzenten, die anderen Verbraucher – wurde auch im Landtag zwischen den Parteien ausgetragen und führte im Dezember 1916 zum Rücktritt des Zentrumspolitikers und Innenministers Maximilian Graf von Soden-Fraunhofen (1844-1922), der auf Seiten der Bauern stand. Auch der Kriegsminister Otto Freiherr Kreß von Kressenstein (1850-1929) legte im Zuge der Spannungen sein Amt nieder. Dennoch blieb der Konflikt zwischen den Bauern und der Stadtbevölkerung virulent.

In seiner Thronrede am 4. August 1914 formulierte Kaiser Wilhelm II.: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche.“ So schlossen die Parteien zu Kriegsbeginn reichsweit einen „Burgfrieden“, um nationale Geschlossenheit zu demonstrieren, und stellten ihre innenpolitischen Konflikte zurück. Mit der Dauer des Kriegs wurde der „Burgfrieden“ zunehmend brüchig. So beherrschte die Kriegszieldiskussion unausgesprochen auch das bayerische Parlament.

Die Anfang 1917 erfolgte Spaltung der SPD in die Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) und die Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) auf Reichsebene vollzog sich auch in Bayern. Im Landtag trat allerdings nur ein Mitglied aus der SPD-Fraktion aus. Der Konflikt zwischen den beiden Parteiflügeln wurde auf der Straße ausgetragen, unter anderem in den seit 1918 beginnenden Arbeitsniederlegungen in den großen bayerischen Städten, die von der USPD unterstützt wurden.

 

Der Regierungswechsel 1917

Ende 1917 ersetzte König Ludwig III. den als Reichskanzler nach Berlin gewechselten Georg Friedrich Freiherr (ab 1914 Graf) von Hertling (1843-1919) durch den Hofbeamten Otto Ritter von Dandl (1868-1942), der neuer Vorsitzender des bayerischen Ministerrats wurde. Er war bis 1906 im bayerischen Justizministerium tätig gewesen, ehe er als Ministerialdirektor in die Geheimkanzlei des Prinzregenten Luitpold gewechselt war. 1912 hatte ihn Ludwig III. zum Staatsrat und Kabinettschef ernannt. Nun übernahm Dandl als Minister des Äußeren und des königlichen Hauses das Amt des bayerischen Regierungschefs.

 

Parlamentarische Monarchie in Bayern? – ein Versuch im November 1918

Je länger der Krieg andauerte, desto mehr vertieften sich die sozialen Gräben innerhalb der bayerischen Bevölkerung. Vor allem die unteren Schichten waren von den Belastungen des Kriegs betroffen. Die Durchhalteparolen, die das Ministerium an die Bevölkerung ausgab, wurden immer weniger gehört. Die Forderung nach einer Änderung der politischen Verhältnisse wurden lauter. Daher erschien der Zeitpunkt günstig, die seit Jahren von verschiedenen Seiten geforderte Reform der Verfassung anzustreben.

Im September 1917 brachte die Fraktion der SPD in die Kammer der Abgeordneten einen Antrag auf eine Verfassungsreform ein. Die wichtigsten Forderungen dieser waren:

  • Parlamentarisierung der Regierung, also Bildung der Regierung von der Mehrheitsfraktion im Parlament
  • Abschaffung der ersten Kammer des Parlaments, also der Kammer der Reichsräte
  • Abschaffung des Adels
  • Aufhebung der königlichen Privilegien
  • Einführung eines Verhältniswahlrechts
  • Einführung des Wahlrechts für Frauen
  • Trennung von Staat und Kirche

Der von der SPD eingebrachte Antrag wurde von allen übrigen Fraktionen im Landtag abgelehnt.

Erst als die politische Lage im Lauf des Jahres 1918 prekärer wurde, näherten sich andere Parteien und sogar die Regierung selbst den SPD-Vorschlägen an. Zwischen Regierung und Landtag wurde eine Übereinkunft erzielt, welche die Einführung des Verhältniswahlrechts und das Wahlrechts für Frauen vorsah. Eine Parlamentarisierung der Regierung sollte durch die Bindung der Minister und der bayerischen Bundesratsgesandten an das Vertrauen der Kammer der Abgeordneten erreicht werden. Die Kammer der Reichsräte sollte zwar nicht aufgelöst, aber in ihren Befugnissen auf ein zweimaliges Veto gegen Beschlüsse der Abgeordnetenkammer beschränkt werden, die Anzahl der in ihr vertretenen königlichen Prinzen reduziert und die Kammer durch gesetzlich festgelegte Vertreter bestimmter Berufsstände erweitert werden.

Diese weit greifenden Reformen wurden am 2. November 1918 vereinbart, der König stimmte ihnen am selben Tag zu. Diese Entscheidung bedeutete eine Transformation des konstitutionellen in ein parlamentarisches Regierungssystem, ohne jedoch die Monarchie an sich infrage zu stellen. Die Namen des neuen bayerischen Kabinetts standen bereits fest – ohne dass eine öffentliche Bekanntgabe erfolgte. Die beruhigende Wirkung, welche die Reformen auf die aufgebrachte Öffentlichkeit haben sollten, konnte daher nicht eintreten.

Als Voraussetzung für die Parlamentarisierung bedurfte es auch der Abänderung des Wahlgesetzes, da ein Abgeordnetenmandat mit einem Regierungsamt vereinbar sein musste. Bevor aber diese Änderung zustande kam, brach am 7./8. November 1918 die Revolution in Bayern aus, am 8. November wurde der Provisorische Nationalrat als neues bayerisches Parlament einberufen.