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Ludwig II.

 

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„Ueber den Aufenthalt des Kaisers Napoleon in München. Merkwürdigkeiten von dem Französischen und Baierschen Hofe.“ (1806), Seiten 2 und 3

Ausführliche Beschreibung der gesamten Hochzeitsfeierlichkeiten am 13. und 14. Januar 1806 in München Beleuchtung Münchens anlässlich der Hochzeit der bayerischen Prinzessin Auguste Amalie mit dem Vizekönig von Italien (1806)
Die Hochzeitsfeierlichkeiten in München vom Januar 1806 in der „Augsburgischen Ordinari Postzeitung“ Feierlichkeiten um die Hochzeit der bayerischen Prinzessin Auguste Amalie mit dem Vizekönig von Italien (1806)
Nachricht von der Abreise Prinz Eugens und Prinzessin Auguste Amalies aus München nach Mailand am 21. Januar 1806 Sitzordnung bei der „Trauung der königlichen Prinzessin Augusta von Baiern mit dem kaiserlichen Prinzen von Frankreich Vice König von Italien, vollzogen in München in der königlichen Hofkapelle den 14. Jenner 1806“
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1. Februar bis 3. März 1806

aus: Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und andern Sachen, Erster Band, Zweites Stück, Hamburg, Februar 1806

Druck auf Papier

Das „Politische Journal“ aus Hamburg berichtet von Napoleons Aufenthalt in München vom 31. Dezember 1805 bis zum 17. Januar 1806.

„Der Jänner 1806 wird in den Annalen von München ewig denkwürdig seyn. In der neuen Königsstadt drängten sich mehrere politische und Hof-Familien-Ereignisse zusammen, mit welchen in der Weltgeschichte eine neue Epoche beginnt, und der Zufluss der Sollicitanten und Neugierigen aus allen Ständen war außerordentlich. Vieles wurde in öffentlichen Blättern und Journalen gar nicht berührt oder unrichtig dargestellt; denn zum Niederschreiben während der Feste und Ereignisse, hätte selbst ein Geschwindschreiber keine Zeit gehabt. Es war ein unaufhaltsames Gedränge von neuer Augenweide, und für Herz und Sinne der Rausch zu groß, um sich gehörig zu sammeln.

Von der Ankunft er Kaiserin von Frankreich und des Kaisers bis zu der Proclamation der Königswürde am Neujahrstage, ist das Merkwürdigste in einem gewissen Journal ziemlich detailliert; auch das Fest auf dem Lustschlosse Schleißheim. Aber der König von Würtemberg, den selbst die Augsburger Zeitung ankündigte und zu dessen Empfange schon Kanonen aufgepflanzt und Hof-Chargen auf die nächste Post entgegen geschickt waren, kam wider Erwarten gar nicht.

Nach der Ankunft des Prinzen Eugen Napoleon verdoppelten sich die Feste. Dieser liebenswürdige Vicekönig trug eine rothe Uniform mit Silber gestickt, und nur am Hochzeitsfeste, gleich der Königlichen Braut, die weiße Farbe. Die Neuvermählte trug den Collier und das Diadem, auch die übrigen Brillanten und Perlen, welche ihr der Prinz geschenkt hatte. Das schöne Kleid des Vermählungsfestes kam erst an demselben Morgen durch einen Courier von Paris an. Ueber den Geschmack, die Pracht und die Abwechslung von der Garderobe der Kaiserin von Frankreich könnten die Modenjournale ganze Abhandlungen liefern. Die verwittwete Herzogin von Pfalz-Zweibrücken war oft als Äbtissin ihres Münchner St. Annen Stifts gekleidet.

Einen sonderbaren Effect machte es dagegen, dass im geistlichen Gefolge des Churerzkanzlers sich ein Cammerherr in Husaren-Uniform befand. Die den Hof besuchenden Damen mussten sich an einem Tage oft dreimal umkleiden. Schön altväterisch war die Tracht der drei Wittelsbacher. Sie war ein Geschenk unsers Königs, der ihnen auch eine lebenslängliche Pension gab. Wie man in der Oper, den Neuvermählten zu Ehren, ein Vivant rief, standen beide Neuvermählten auf und verneigten sich tief gegen das Publikum. Die Landständische, bis auf 200 000 Gulden diesmal freiwillig erhöhete Prinzessinnen-Steuer, lässt die Erhabene wirklich zur Mitgift von 50 armen Mädchen, und zur Pensionirung von 2 Invaliden aus jedem Baierschen Regiment vertheilen.

Ueber das Privatleben des Kaisers Napoleon wirft der hiesige Aufenthalt mehr Licht, als alle bisherigen Pariser Berichte. Am Sylvesterabend spielte Er in den Apartements der Kaiserin mit der Königin, der Kronprinzessin und dem Marschall Duroc Reversie. Plötzlich sagte Er: man möge Musik holen lassen, und tanzte dann lustig mit. Er hat einen schönen Fuß und tanzt würklich gut.

Mit der Kaiserin lebt er auf dem vertraulichsten schönsten Fuß. Am Neujahrstag Morgen zeigte er sich dem Publikum zuerst auf einem Spazierritt. Auf Bällen und Conzerten sprach Er viel mit den Fräuleins. Auf der Musterung erscholl bei Seinem Erscheinen ein allgemeines Vivat. Dass der Monarch nachlässig zu Pferde sitzt und einen abgetragenen Hut des Morgens trägt, hat er mit dem großen Friedrich gemein. Für den Abend kleidet Er sich desto besser, mit Escarpins und seidenen Strümpfen. Sogar auf die Toiletten der Damen versteht Er sich und beweist Aufmerksamkeit darauf.

Wie er durch die Messe ritt, fragte Er die Kaufleute nach ihren Abgaben, nach Beziehung ihrer Waaren u.s.w., und erkannte sogleich die Englischen Waaren. Ungeachtet der blassen Gesichtsfarbe sah Er immer gut aus, und ist seit zwei Jahren viel fetter geworden. Man hatte Ihn noch nie so fröhlich gesehen, wie hier.

Was der Kaiser sagte, war kurz und im Gepräge der Naivetät. Davon zeugen vorzüglich die Aeusserungen bei den täglichen zahlreichen Deputationen. Wie der Minister nach dem ersten Artikel der Ehepakten auch den zweiten vorlesen wollte, rief Er: C'est assez!

Am Vermählungstage war Er durch seine Kleidung ganz verjüngt. Er trug das Kaiserliche Kleid, aber ohne Mantel, und mit außerordentlich vielen Brillanten. So wie Er der Kaiserin so gerne Artigkeiten sagt, so rief Er Ihr zu, wie Sie aus dem Apartement trat: Vous êtes belle, comme ce jour. Auf dem Ball des Vermählungstages legte der Kaiser, ehe Er zu tanzen anfing, die zum Ornat gehörige Brillantkette an den Hals Seiner Gemahlin, und nahm sie erst am Ende des Balls wieder.

Die hier vertheilten Geschenke machen Millionen aus. Alle Königl. Baierische Hof Chargen bekamen Dosen mit Brillanten und dem Portrait – Kammerherren, Stallmeister, Hofdamen erhielten Dosen, Ringe, Hemdnadeln, Ohrringe, goldene Uhren mit Kette u.s.w. Die Dienerschaft und Capelle 100 000 Livres. Auch von Paris ist noch vieles hieher nachgeschickt worden. Der Churerzkanzler bekam einen Ring von 50 000 Livres an Werth und noch das Versprechen von sechs Oelgemählden; nemlich des Kaiserlichen – des Königlichen und des Viceköniglichen Paares. Den Metzgern gab auch der Prinz Eugen 50 Louis d´or, und an die Dienerschaft 20 000 Livres u.s.w.

Eine der rührendsten Familienscenen waren die Trennungen am 17. und 19. Jänner. Die Kaiserin sagte: Je n’oublierai jamais le séjour de Munic. Unser König ließ sich aber das Versprechen geben, daß Sie im Sommer des nächsten Jahres wieder nach München kommen wollen.“

Lageort: München, Bayerische Staatsbibliothek
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