Nördlingen, Franziskanerkloster


 

GESCHICHTE

 

Nördlingen, Franziskanerkloster St. Nikolaus – beliebte Seelsorger und Prediger

 

 

 

Die Bürger von Nördlingen gründeten 1223 ein Franziskanerkloster an der nördlichen Stadtrandgrenze neben der Nikolauskapelle, dessen Patronat die Niederlassung übernahm. Viele Wohlhabende, unter ihnen die Grafen von Oettingen und die Herren von Emershofen, machten den Minderbrüdern großzügige Stiftungen, um damit ihr Seelenheil im Jenseits zu sichern. Für viele war es auch erstrebenswert, im Mönchsgewand der Minoriten auf dem Klosterfriedhof bestattet zu werden. Abkömmlinge begüterter Geschlechter entschieden sich damals nicht selten für ein Leben im Kloster. So schlossen sich zum Beispiel Johannes Frickkinger, der Bruder eines Nördlinger Bürgermeisters, und Conrad Ainkürn, die beide aus vermögenden Familien stammten, den Minderbrüdern an. Alle Gelder, die die Mönche für Totenmessen, durch Grundstücksschenkungen und ihre Arbeiten im städtischen Bereich erhielten, wurden von einem weltlichen Pfleger verwaltet. Auf diese Weise konnten die Franziskaner das von ihrem Orden erstrebte Armutsideal wahren. Daneben hatten sie noch ihre Einkünfte an Naturalien durch das Almosensammeln. 1243 bekamen die Barfüßer von den Nördlinger Schwestern, die nach der Dritten Regel des hl. Franziskus zusammenlebten, ein Anwesen geschenkt. 1287 erfolgte die Weihe der Kirche. Seit dem 14. Jahrhundert sind die Brüder als Beichtväter des Oettinger Grafengeschlechts bezeugt, dessen Mitglieder sich als großzügige Geldgeber des Klosters erwiesen. Ab 1401 wurde die Klosteranlage auf die endgültige Größe und Ausstattung erweitert. Um 1420 begann man mit dem Neubau der Klosterkirche. Sie wurde 1422 durch den Augsburger Weihbischof Wilhelm Wildenholz konsekriert.

 

1436 sollte im Konvent die vom Rat der Stadt und den Observanten geforderte Reform durchgeführt werden. Die Nördlinger Barfüßer wurden damals als aufrührerisch und faul beschrieben, Guardian Jericho Schafhauser warf man Tatenlosigkeit angesichts der Missstände vor. Eine Verbesserung der Zustände konnte zwar im ersten Anlauf nicht erreicht werden, doch Guardian Schafbauer griff in der Folgezeit hart durch. Unterstützt vom Prediger Franz Altheimer, ließ er zwei Fratres und den Koch des Klosters wegen Diebstahls und anderer Delikte einsperren. In der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen dem Markgrafen Albrecht Achilles von Ansbach und Ludwig IX. dem Reichen von Landshut (1459–1463) zog mit den Nördlinger Truppen auch der Minderbruder Hans Babenberger mit, um den Soldaten die Messe zu lesen und Beichte zu hören.

 

Die Barfüßer waren als Seelsorger auch für die Prostituierten in der Stadt zuständig, die jeden Sonntag bei ihnen den Gottesdienst besuchten. Die Bruderschaft der Grauloderknechte, die sich ab 1495 „Lodweberbruderschaft“ nannte, war den Minderbrüdern besonders verbunden. Die Bruderschaft unterhielt in der Klosterkirche den Marienaltar für ihre Messfeiern.

 

Zur zusätzlichen Absicherung des Lebensunterhalts der Brüder wohnten ab der Mitte des 15. Jahrhunderts Pfründner beim Konvent, die in einem Haus gegenüber der Klosterkirche untergebracht waren. Diese kauften sich mit einem Teil ihres Vermögens bei den Barfüßern ein und bekamen dafür Wohnung, Verköstigung und eine seelsorgerische Betreuung bis zum Tod. Ab 1441 lebte beispielsweise die Witwe Eufemia, eine Gräfin zu Oettingen, Herzogin in Schlesien und Frau von Münsterberg, als Pfründnerin neben der Minoritenkirche. Die Barfüßer wurden vor allem als Prediger in der gesamten Bevölkerung geschätzt. Regelmäßig im Advent und in der Fastenzeit hielten die Lektoren besondere Ansprachen für das Volk, die vom Stadtrat bezahlt wurden. Der Rat von Nördlingen wandte sich 1464 sogar an den Provinzialminister in Straßburg mit der Bitte, den beliebten Minoritenprediger Johannes Mayrhofer nicht abzuberufen.

 

Im Zuge der Reformation erfolgte 1536 die Aufhebung des Klosters und die Übergabe aller Besitztümer an die Stadt Nördlingen. Der Chor der Klosterkirche und die Konventsgebäude wurden abgerissen, das Langschiff der Kirche dagegen blieb erhalten. Stadtbaumeister Wolfgang Walberger baute es 1585/86 in einen Getreidespeicher um, der heute ein bedeutendes Denkmal der Renaissancebaukunst in Nördlingen darstellt. 1977 erfolgte eine weitere grundlegende Umgestaltung des Hauses. In dem Gebäude, das noch heute „Klösterl“ genannt wird, sind nun der Nördlinger Stadtsaal mit Theaterbühne und ein Hotel untergebracht.

 

 

 

Christine Riedl-Valder

 



 

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