Heidenfeld


 

GESCHICHTE
Heidenfeld ? Glaubenszentrum im barocken Mainfranken

Erste archäologisch belegte Siedlungsspuren reichen für Heidenfeld am Main bis in die Urnenfelderzeit um 1200 v. Chr. zurück. Urkundlich fassbar wird ?Heidenvelt? jedoch erst im Jahr 1040 im Zusammenhang mit einer Schenkung an das Kloster der Benediktinerinnen in Kitzingen. Im Wesentlichen aber handelte es sich um einen Besitz der Markgrafen von Schweinfurt. Alberada von Schweinfurt und ihr Gemahl Hermann von Habsberg gründeten in Heidenfeld ein Kloster angeblich an der Stelle, an der ihr im Main ertrunkenes Söhnchen an Land geschwemmt wurde. Ein Epitaph aus dem 16. Jahrhundert zur Erinnerung an den Knaben hat sich im Kloster erhalten. 1069 übereigneten Alberada und Hermann ihr Gut, an dem bereits ?Kanoniker Gott dienten?, dem Würzburger Bischof Adalbero (reg. 1045?1090), einem Onkel der Alberada. Dieser berief Augustinerchorherren vermutlich aus Passau unter einem ersten Propst namens Otto nach Heidenfeld.

Über die weitere mittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte des Ortes sind wir kaum unterrichtet. Nach dem Vorbild von Birklingen reformierte Bischof Rudolf II. von Scherenberg (reg. 1466?1495) das heruntergekommene Stift 1469 und schloss es an die Windsheimer Kongregation an. Die Gebäude des zwischen Main und Steigerwald begüterten Stifts wurden im Bauernkrieg 1525 und im Markgräflerkrieg 1553/54 zerstört.

Mitten im Dreißigjährigen Krieg wurden 1628 unter Propst Andreas Roth das Kirchenschiff des mittelalterlichen Münsters erneuert und die beiden Chortürme erhöht. Das Vordringen der Schweden beendete diesen Ausbau im Jahr 1630 zunächst. In der Stiftskirche setzte man den 1632 bei Schonungen von Schweden ermordeten und 1974 als Märtyrer selig gesprochenen Priester Liborius Wagner bei. Erst unter der Leitung des als heiligmäßig geltenden Propstes Andreas Deichmann (reg. 1644?1673) blühte das Stift nach dem Krieg wieder auf. Zu Pfarreien in Heidenfeld und Wipfeld wurden zahlreiche weitere, meist in der näheren Umgebung erworben. Der damit verbundene wirtschaftliche Aufschwung ermöglichte es bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Kloster und Kirche fast völlig zu erneuern.

Während der Säkularisation von 1803 gelangten die dem Stift gehörenden Wälder an die Fürsten von Thurn und Taxis. Die Gebäude ersteigerte 1804 ein Graf Türkheim, der die Stiftskirche abbrechen ließ. Seit 1807 war das Anwesen im Eigentum der Freiherren von Bodeck-Ellgau. 1901 gelangte es mit Unterstützung des gebürtigen Heidenfelders und späteren Kardinals Michael Faulhaber (1869?1952) wieder in kirchliche Hände. Die Gebeine des Liborius Wagner wurden damals in die 1906 errichtete Pfarrkirche St. Laurentius überführt. Seit dieser Zeit gehört das einstige Augustinerchorherrenstift den Schwestern der Kongregation vom Allerheiligsten Erlöser, die dort ein Erholungs- und Pflegeheim für Angehörige ihres Ordens betreiben.

Kunstgeschichtlich von Bedeutung ist das zwischen 1723 und 1733 nach Plänen Balthasar Neumanns (1687?1753) errichtete Konvents- und Propsteigebäude. Der große Würzburger Baumeister erbaute eine aus drei Flügeln bestehende, um einen geschlossenen Hof angeordnete Anlage. Er verzichtete dabei auf nahezu jedes schmückende Beiwerk. Seine Architektur wird nur durch die wohlproportionierte Austeilung der Baumassen durch Eckpavillons und Mansardendächer und die Ordnungen durch Pilaster sowie die strenge Rhythmisierung durch Fenster gegliedert. Heidenfeld ist ein charakteristisches Beispiel für die klassizistisch-strenge Art der Architektur Neumanns in der Mitte der 20er-Jahre des 18. Jahrhunderts. In den Jahren 1935/36 wurde an der Stelle der abgebrochenen Stiftskirche ein Neubau errichtet, der als Hauskapelle dient.

Meist aus der Bauzeit stammt die Stuckierung der Decken, eine Arbeit des Johannes Bajerna, der aus Münsterschwarzach und wohl auch aus Oberschwappach bekannt ist. Kennzeichnend ist ein schwerer, figürlich durchsetzter Bandelwerkstuck, wie er an der Decke des Hauptsaals oder auch im Sommerrefektorium von 1733 begegnet. Über diesem Raum im Erdgeschoss des Nordflügels befand sich ehemals die über zwei Geschosse reichende Bibliothek des Klosters mit kunstvoll intarsierten Schränken des Wiesentheider Hofschreiners Johann Georg Neßtfell. Angeblich wurden diese Bücherschränke im 19. Jahrhundert nach Amerika verkauft. Noch erhalten und sehenswert sind einige der unter Propst Schreiber um 1760 eingerichteten Räume nicht nur ihres Rokokostucks wegen, sondern vor allem wegen der kunstvoll geschnitzten Abtrennung des Schlafraums. Von Bedeutung ist ferner das Treppenhaus mit seiner einläufig freitragenden Treppe mit schmiedeeisernem Geländer.

Die mittelalterliche bzw. frühbarocke Stiftskirche sollte ebenfalls durch Balthasar Neumann neu errichtet werden, was aber aus unbekannten Gründen unterblieb. Eine Vorstellung von Neumanns Plänen vermittelt nur eine Zeichnung des 18. Jahrhunderts von unbekannter Hand. Darin fällt, abgesehen von der in Heidenfeld nicht geplanten Vierungskuppel, die Nähe zur nahezu gleichzeitig errichteten Benediktinerabteikirche Münsterschwarzach auf. 1783 beriefen die Chorherren den Mainzer Hofmaler Joseph Appiani. Dieser schmückte die Kirche mit Deckenfresken, in denen er Szenen aus dem Leben des Kirchenpatrons St. Mauritius darstellte. Zur gleichen Zeit verkleidete der Würzburger Hofstuckator Materno Bossi das Münster mit klassizistischen Stuckdekorationen und schuf Altarretabeln aus Stuckmarmor. Der Würzburger Hofmaler Christoph Fesel lieferte dazu zwei Seitenaltarbilder.

Die Säkularisation hat diese Kirche zerstört und ihre Ausstattung in alle Winde verstreut. Fesels Seitenaltäre befinden sich nun in Wipfeld und das Retabel des Hochaltars in der Schweinfurter St. Johanniskirche. Weitere Ausstattungsstücke aus Heidenfeld sind in Gerolzhofen, Hirschfeld und Sulzthal erhalten.

(Erich Schneider)



 

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