Ebersberg


 

GESCHICHTE

Benediktinerkloster Ebersberg – die bedeutendste Sebastianswallfahrt in Süddeutschland

 

Burg Ebersberg wurde der Legende nach von Graf Sieghart von Sempt um 880 über der Höhle eines Ebers errichtet. Siegharts Nachkommen, die Brüder Eberhard I. und Adalbero I. von Sempt, begründeten im Zuge einer Erweiterung und Befestigung ihres Wohnsitzes 934 an der zur Burg gehörigen Marienkapelle ein Augustiner-Chorherrenstift. Dessen erster Propst Hunfried erhielt anlässlich seiner Romfahrt von Papst Stephan VIII. (939–942) eine bedeutende Reliquie zum Geschenk. Es handelte sich um die halbe Hirnschale des hl. Sebastian (die andere Hälfte wird in Soisson verehrt). In der Folgezeit entwickelte sich das Ebersberger Stift zu einem wichtigen Wallfahrtsort im süddeutschen Raum. Dieser Umstand sollte sich auf die wirtschaftliche Entwicklung des gesamten Ortes positiv auswirken. 970 erfolgte die Einweihung einer dreischiffigen Kirche mit Querhaus.

Graf Ulrich, der von Benediktinern erzogen worden war, berief im Jahr 1013 Mönche aus St. Ulrich und Afra in Augsburg nach Ebersberg und unterstellte die Benediktinerabtei dem Kaiser. Der erste Abt Reginbald (Amtszeit 1013–1024) entstammte dem Grafengeschlecht von Dillingen und sollte später zum Bischof von Speyer erwählt werden. Er kam aus der traditionsreichen Abtei St. Gallen, die einen hervorragenden Ruf in der Gelehrtenwelt besaß. Sein Nachfolger, Abt Altmann (Amtszeit 1024–1045), errichtete neue Klostergebäude sowie ein Spital. Graf Ulrichs Sohn Adalbero III. vermachte fast seinen ganzen Besitz dem Kloster. Nach dem Aussterben des Ebersberger Grafengeschlechts 1045 fiel die Vogtei im Lauf des 12. Jahrhunderts an die Grafen von Scheyern und ging in den Besitz der Wittelsbacher über.

Unter dem gelehrten Reformabt Williram (Amtszeit 1048–1085), der aus Fulda kam und ein Verwandter des Eichstätter Bischofs war, erlebte das Kloster seine erste große Blütezeit sowohl in wirtschaftlicher als auch in wissenschaftlicher Hinsicht. Die Ökonomie wurde neu geordnet und Wirtschaftsbücher angelegt. Der Abt förderte die klostereigene Schreibschule, legte eine Chronik an und verfasste selbst einen Kommentar zum Hohelied Salomons, den er Kaiser Heinrich IV. widmete. Seine engen Kontakte zu den bedeutendsten Männern seiner Zeit beweist auch die Tatsache, dass der hl. Friedrich, ehemaliger Abt des Reformklosters Hirsau, in Ebersberg weilte und hier starb. Einer seiner Nachfolger, Abt Burkard (Amtszeit 1184–1201), erneuerte die Klostergebäude und wurde 1197 vom Papst mit den Pontifikalinsignien geehrt. Unter Abt Ulrich I. (Amtszeit 1217–1231), der aus St. Emmeram in Regensburg kam, wurde der romanische Kirchenbau mit zwei Türmen begonnen. Kirche und Kloster fielen 1305 einem Brand zum Opfer. Schon sieben Jahre später konnte jedoch der Neubau durch den Freisinger Bischof eingeweiht werden.

In der Auseinandersetzung zwischen Papst Johannes XXII. und Kaiser Ludwig dem Bayern, der 1324 exkommuniziert wurde, stellte sich die Abtei auf die Seite des Kaisers. Dieser übertrug Ebersberg die bedeutende Wallfahrt auf dem Heiligen Berg in Andechs, die nach einer sagenumwobenen Wiederauffindung des verlorenen Reliquienschatzes der Grafen von Andechs im Jahr 1388 stark auflebte. Ein schlechter Vertreter seines Standes war Abt Simon Kastner (Amtszeit 1412–1442), gegen ihn wurde aufgrund seiner ausschweifenden Lebensführung eine Visitation durchgeführt. Er wurde 1427 abgesetzt, durfte jedoch auf Fürsprache von Herzog Ludwig von Landshut weitere 15 Jahre tätig bleiben.

Nach Einführung der Melker Reform 1446 erlebte das Kloster eine neue Blütezeit. Abt Eckhard (1446–1472) gelang es, mit der Gründung der Sebastiansbruderschaft viele vermögende Wohltäter für das Kloster zu gewinnen. Damit schuf er die finanziellen Grundlagen für den Bau des Kreuzgangs und Kapitelsaals. Der erweiterte Chorbau wurde 1452 von Kardinal Nikolaus von Cues eingeweiht. Unter ihm erreichte die Schreibschule eine hohe Qualität, die durch das Ebersberger Missale und weitere Handschriften, die heute in der Bayerischen Staatsbibliothek aufbewahrt werden, belegt ist. Unter Abt Sebastian Häfele (Amtszeit 1472–1500) erfolgte von 1481 bis 1484 der Umbau des gotischen Gotteshauses zur spätgotischen dreischiffigen Hallenkirche. 1495 wurde ein großer Wirtschaftshof errichtet (heute an der Bahnhofsstraße). An dessen Tor sind das Wappen des Bauherrn und das Entstehungsjahr verewigt. Abt Sebastian gab auch ein wertvolles silbernes Büstenreliquiar des hl. Sebastian in Auftrag. Die von dem Wasserburger Bildhauer Wolfgang Leb aus Salzburger Rotmarmor geschaffene Tumba des Stifterpaares Ulrich und Richardis von Sempt-Ebersberg im Eingangsbereich der heutigen Pfarrkirche entstand ebenfalls in dieser Zeit. Es handelt sich um ein Meisterwerk der Spätgotik.

Im Lauf des 16. Jahrhunderts verfiel die Klosterdisziplin unter der Einwirkung der Reformation immer mehr, bis nur noch fünf Mönche dem Konvent angehörten und die Finanzlage völlig desolat war. 1595 wurde das Kloster von Papst Clemens VIII. aufgehoben, die restlichen Mönche nach Mallersdorf beordert und der Besitz zusammen mit der Propstei Pfeffenhausen und der Hofmark Thondorf von Herzog Wilhelm V. von Bayern dem Münchner Jesuitenkolleg übergeben. Die Jesuiten nutzten die Anlage für die Seelsorge und als Ausbildungs- und Erholungsstätte für ihre Ordensangehörigen. Auch die Ebersberger Sebastianswallfahrt wurde in der Folgezeit von den Jesuiten betreut. Die 1644 wiederbelebte Sebastianibruderschaft besteht bis heute.

Da sich die Gnadenstätte wachsender Beliebtheit erfreute, wurden die im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigten Gebäude 1666 bis 1668 erneuert und die Sebastianskapelle in frühbarocken Formen errichtet. Nach der Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. übernahmen 1773 Malteserritter die Anlage und renovierten sie nach einer Brandzerstörung 1781. Damals lebte in Ebersberg auch der ehemalige Jesuit Benno Scharl, der das moderne Brauwesen begründete, indem er erstmals zum Bierbrauen Kulturhefe anstelle der vorher üblichen wilden Hefe verwendete. Nach der Säkularisation wurde die Klosterkirche 1807 zur Pfarrkirche umfunktioniert. Die Klostergebäude gingen 1808 teilweise in staatlichen, teilweise in privaten Besitz über.

 

Christine Riedl-Valder

 

 

Link:

http://www.erzbistum-muenchen.de/Page004731.aspx

http://www.ebersberg.de/deutsch/kultur-geschichte/gruendung-kloster-wallfahrtsort-entwicklung/kloster-ebersberg.html

 

 



 

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AUS DEM HDBG-MEDIENARCHIV
Grabplatte des Benediktinerabtes Sigmund Kündlinger, Relief, um 1600, Ebersberg, St. Sebastian/ehem. Benediktinerabteikirche.
Copyright: Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg (Voithenberg, G.)

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