Christgarten


 

GESCHICHTE

Christgarten ? Gebet und Schweigen in der Einsamkeit

Der Name des Kartäusertals bei Bollstatt (Landkreis Nördlingen) geht auf ein Kloster zurück, das die Grafen Ludwig und Friedrich von Öttingen in dieser einsamen Gegend im Jahr 1383 stifteten. Bei den Kartäusern handelt es sich um einen Orden, den der heiligen Bruno (gest. 1101) in einer bei Grenoble gelegenen Bergwildnis namens Carthusia/Chartreuse gründete. Diese kontemplative Glaubensgemeinschaft mit äußerst strengen Regeln fand ihre Hauptverbreitung im 14. und 15. Jahrhundert in Franken. Die ersten Kartäuser von Christgarten kamen aus Nürnberg, wo der Orden drei Jahre zuvor Fuß gefasst hatte. Die Niederlassung wurde 1388 durch das Generalkapitel des Ordens bestätigt; zwei Jahre später erfolgte die Einweihung der Klosterkirche St. Peter.

Aus den besonderen Regeln dieser Einsiedlergemeinschaft hatte sich auch eine eigene Art des Klosterbaus entwickelt. Er besteht aus drei Bereichen: rund um einen kleinen Kreuzgang die Räume für das gemeinsame Leben (Kapitelsaal, Refektorien, Bibliothek, Wohnräume der Brüder), um einen großen Kreuzgang angeordnet der Bereich für das einsame Leben mit den Zellenhäuschen der Chormönche und davon getrennt das ?Brüderviertel? mit den Werkstätten. Die Mönche, erkennbar an der weißen Kutte mit Kapuze und geschorenem Kopf, verbringen ihren Tag in völliger Schweigsamkeit. Sie dürfen ihre Klause unter der Woche nur dreimal täglich zur Messe verlassen und erhalten zweimal täglich ihr stets fleischloses Essen durch eine Öffnung am Kreuzgang hereingereicht. Obwohl sich die Kartäuser von jeder äußeren Betätigung fernhalten, waren sie zu allen Zeiten bei der Bevölkerung und den Landesherren sehr beliebt. Kloster Christgarten wurden im Lauf der Zeit neun Kirchen inkorporiert. Das Vermögen der Eremitengemeinschaft vermehrte sich beträchtlich und wurde zum Teil zur Anschaffung wertvoller Ausstattungsstücke für die Klosterkirche verwendet. Trotz des Reichtums war die Disziplin in der Gemeinschaft zu allen Zeiten vorbildlich.

Im Zeitalter der Reformation wurde die Kartause Christgarten durch Plünderungen und Brand 1547 zerstört. Die Grafen von Öttingen unterstützten den Wiederaufbau in den folgenden Jahren. 1557 lebten jedoch nur noch drei Patres und ein Bruder im Kloster. Der letzte Prior trat zum Protestantismus über. Daraufhin wurde die Kartause von der Grafenfamilie aufgehoben. Auf Protest des Ordens hin kam es zu einem Prozess, der 1599 zugunsten des Ordens entschieden wurde. Nach jahrzehntelangen Streitigkeiten und einer erneuten Zerstörung der Anlage im Jahr 1632 erfolgte 1649 die endgültige Aufhebung. Danach verfielen die Zellenhäuschen. 1656 wurde der Glockenturm abgebrochen, weitere Gebäude im 18. und 19. Jahrhundert. 1878 hat man die Laienkirche abgerissen und den Mönchschor durch die jetzige Westfassade geschlossen. Von der Klosterkirche blieb nur dieser Chor erhalten, der nun als evangelische Pfarrkirche dient. Heute erinnert noch das alte Chorgestühl (um 1400) an die gemeinsamen Messen der Kartäuser in diesem Raum. Der schöne gotische Flügelaltar des Nördlinger Stadtmalers Hans Schäufelin kam in die Alte Pinakothek nach München. Andere wertvolle Ausstattungsstücke der Kartäuserkirche von Christgarten landeten in den Kunstsammlungen auf Schloss Harburg, der ehemaligen Residenz der Grafen von Öttingen. An der Südseite des Kirchenchors steht die Ruine der ehemaligen Klosteranlage mit Resten gotischer Spitzbogenfenster. Vor dem Hintergrund des dicht bewaldeten Kartäusertals vermittelt sie den Eindruck von Abgeschiedenheit und Stille und erinnert an die Zeit, in der sich hier das einsame Leben der Eremitengemeinschaft vollzog.

Christine Riedl-Valder



 

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