Neunburg vorm Wald


 

GESCHICHTE

 

Neunburg vorm Wald, Franziskaner-Reformaten – Aufschwung im religiösen Leben

 

 

 

In der Bürgerschaft von Neunburg entwickelte sich Anfang der 1720er-Jahre der Wunsch, ein Franziskanerkloster im Ort anzusiedeln. Der kurfürstliche Rat Baltasar Bachmayr, dessen beide Söhne bereits Mitglieder dieses Ordens waren, erklärte sich bereit, den Patres ein großes Haus zu stiften. Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern (1662–1726) und der Bischof von Regensburg, Theodor Johann (Amtszeit 1719–1763; ein Sohn von Kurfürst Max Emanuel) erteilten 1722 ihre Einwilligung zur Gründung einer Niederlassung. Mitte November des gleichen Jahres bezogen sechs Patres und zwei Brüder das Bachmayersche Haus als vorübergehenden Wohnsitz und übernahmen die Feiertagspredigten in der Pfarrkirche St. Josef. Das neue Kloster sollte vor dem oberen Tor errichtet werden. Die Friedhofskirche, die 1601 von den Kalvinisten erbaut worden war, wurde von den Brüdern neu eingerichtet und diente von nun an für ihre Gottesdienste. Die Grundsteinlegung für den Klosterbau erfolgte am 19. April 1723 durch Graf Karl Sigmund von Aufseß in Vertretung des Kurfürsten. Es sollte eine der größten Kirchen der bayerischen Franziskanerprovinz werden (36,5 Meter lang, 13 Meter breit und 16 Meter hoch). Der Kurfürst stiftete für den Bau große Holzmengen aus dem Taxöldener Forst. Steine aus dem Steinbruch bei Kröblitz wurden über die Schwarzach auf Flößen zur Baustelle transportiert. Auch die Bürgerschaft spendete viel Baumaterial. Die feierliche Konsekration der neuen Klosterkirche zu Ehren des hl. Franz Seraph fand am 16. Juli 1725 statt. Gleichzeitig wurde das Hospiz zum Konvent erhoben. Erster Guardian war der Leiter des Kirchen- und Klosterbaues, der bisherige Direktor P. Anselmus Bachmayr. Das Neunburger Franziskanerkloster veranstaltete in der Folgezeit eine reiche Fülle kirchlicher Veranstaltungen, die in hohem Maße zur Belebung des religiösen Lebens in der Gegend beitrugen.1736 hat man die Michaelibruderschaft eingeführt. Mit besonderem Eifer pflegten die Patres die Verehrung des hl. Kreuzweges. Von dem Neunburger Kloster aus wurden 22 Kreuzwege zu den Pfarrkirchen der Umgebung errichtet, eingeweiht und betreut. Das Vorbild der Brüder regte viele zur Nachahmung an. Während der Zeit, in der das Kloster bestand (von 1725 bis 1802), traten 35 gebürtige Neunburger in den Orden ein. Eine Statistik aus dem Jahr 1762 nennt für die Neunburger Niederlassung 16 Patres, 4 Laienbrüder und 4 Kleriker. Im Schnitt zählte der Konvent damals 23 Mitglieder.

 

Eine Legende erzählt von wundersamen Begebenheiten während der Belagerung durch die Panduren, die die Franziskaner und der Ort unversehrt überstanden. 1742 erschien der berüchtigte Pandurenführer Baron von Trenck vor den Toren der Stadt und forderte die Übergabe. Trotz scharfer Angriffe erwies sich Neunburg als uneinnehmbar. Es wird berichtet, dass kein Pechkranz der Feinde zündete, da die Bürger den ersten, der von den Feinden in die Stadt geworfen worden war, mit Taufwasser gelöscht hatten. Ihr Anführer soll vor dem Abzug enttäuscht geäußert haben „Entweder kommandiert hier der lebendige Teufel oder es ist der wahre Gott drin“. Beim Stadtbrand am 14. Juli 1746, der den halben Ort einäscherte, ging im Franziskanerkloster nur das Bild der schmerzhaften Mutter für den Marienaltar zugrunde. Auch beim großen Stadtbrand am 1. Juli 1800 blieb die Anlage vom Feuer verschont. Man führte es auf das feierliche Messamt zurück, das Guardian P. Leutfriedus Wöhrl damals zu Ehren der Heiligen Antonius, Agatha und Florian gelesen hatte.

 

Als 1802 auf Befehl der Regierung der Großteil der Klöster in Bayern aufgehoben wurde, mussten auch die Franziskaner ihre Wirkungsstätte in Neunburg vorm Wald verlassen. Man hat sie in das Zentralkloster nach Neuburg an der Donau übersiedelt. Bei der Versteigerung der Klosterausstattung gelangten der Hochaltar, das Marianische Gnadenbild, die Kanzel, der Kreuzaltar und weitere Kunstgegenstände in die Pfarrkirche von Winklarn. Die Gebäude und die Kirche kamen in den Besitz der Stadt. Der Chorbereich des Gotteshauses mit der Klostergruft ging bald darauf an einen Privatmann über, der darin eine Wohnung und ein Geschäft einrichtete. Das ehemalige Kirchenschiff wurde vom Magistrat als Baustadel und Lagerraum verwendet. 1833 überließ man es Sebastian Job zur Gründung des Instituts der Armen Schulschwestern. Hier begann Karolina Gerhardinger, die Gründerin der Kongregation der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau, mit zwei Gefährtinnen ihr klösterliches Leben, das auf Erziehung und Bildung der weiblichen Jugend ausgerichtet war. Der Stammsitz des Ordens und deren erste Mädchenschule befanden sich bis 1843 in diesem Raum. 1842 erwarb der Braumeister Pfaffinger von Vilshofen das ehemalige Franziskanerkloster mit Sommerkeller und Bierbrauerei. Nach mehreren Besitzerwechseln gelangte es 1924 an die Stadtgemeinde, die es zwei Jahre später zusammen mit dem ehemaligen Pförtnerhaus abbrechen ließ. Aus dem Baumaterial wurde 1927 in nächster Nähe die neue Mädchenschule errichtet. Als Verbindungsbau zwischen der ehemaligen Ordenskirche und der neuen Mädchenschule entstand 1934 ein Kinderheim, das als Kindergarten zusammen mit der Mädchenschule noch heute unter der Leitung der Armen Schulschwestern steht. Nur die einstige Franziskanerkirche blieb mit Ausnahme der Antoniuskapelle, die man abgerissen hat, im Wesentlichen erhalten.

 

 

 

Christine Riedl-Valder

 



 

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