Eichstätt, Unsere Liebe Frau


 

GESCHICHTE
Kollegiatstift Zu Unser Lieben Frau in Eichstätt ? Auf den Spuren des hl. Willibald

 

Zur Annäherung an die Geschichte des Kollegiatstifts bei ?Unserer Lieben Frau? in Eichstätt ist es ratsam eine geistige Wanderung in die Zeit des hl. Willibald, des ersten Bischofs von Eichstätt, zu unternehmen. Denn als Willibald in Eichstätt eintraf, existierte an der Stelle des späteren Stifts bereits eine Marienkapelle und der hl. Bonifatius weihte Willibald darin 740 zum Priester. Unter Bischof Heribert (reg. 1022?42) wurde die uralte Marienkapelle abgerissen und durch einen größeren Neubau ersetzt. Fast drei Jahrhunderte später verlegte Markward von Hageln, Koadjutor des Bischofs Philipp von Rathsamhausen (reg. 1306-22), die Dompfarrei in diese Marienkirche.

Bei der Kirche Zu Unser Lieben Frau gründete Markward ein Kollegiatstift, das 1318 vom Bischof bestätigt wurde. Die Statuten legten für die ?Kollegiata? auch Privilegien fest. Um jedoch nicht in Konkurrenz zur Domschule zu treten, war es dem Stift nicht erlaubt eine eigene Schule einzurichten. In den ersten Jahren lebten Propst, Dechant, Pfarrer, zwölf Kanoniker sowie ein ?Frühmesser? im Stift. Das Amt des Stiftspropsts bekleidete in der Regel der Domdekan; auf jeden Fall musste der Propst dem Domkapitel entstammen und wurde von diesem Gremium gewählt. Die Kanoniker bestimmte ebenfalls das Domkapitel. Es mussten Priester sein, mit Ausnahme von zwei Diakonen und zwei Subdiakonen, die aber bis zur Priesterweihe keine Pfründe erhielten. Auch wenn der Domdekan nicht mit dem Stiftspropst identisch war, leitete er die Gerichtspflege des Stifts. Seit dem Jahr 1454 hatte der Propst im Kapitel Stimmrecht. Die Kanoniker trugen einfache schwarze Kleidung, erst 1795 kamen ein schwarzseidenes Band mit goldenem Kreuz und ein Marienmedaillon als Kapitelzeichen hinzu. Es war nur jeweils einem Kanoniker gestattet, das Kapitel zu auswärtigen Studien zu verlassen, außerdem musste der Bischof zustimmen. Verstorbene Kanoniker bestattete der Konvent bei der Domkirche. Das Kapitel erhielt anschließend ein ?Gnadenjahr?, die Einkünfte des Verstorbenen standen somit noch für ein Jahr zur Schuldentilgung und für Seelenmessen zur Verfügung.

In der Spätgotik wurde die Kirche zu klein. So legte man 1472 den Grundstein für einen Neubau. 1511 hatte diese neue Kirche allerdings noch keine Fenster und bis zur Einwölbung des Kirchenraums sollten nochmals 35 Jahre vergehen. Die Kirche bekam auch keinen Turm, sondern erhielt wie der Vorgängerbau nur zwei Dachreiter, einer über dem Westgiebel, einer über dem Chor. Ein Stadtplan von 1796 zeigt die ?Kollegiata? als dreischiffige Hallenkirche mit umlaufenden Nebenschiffen. Die Kirche hatte sieben Joche und runde Binnenpfeiler. An der Nordseite des Chors schlossen sich, deutlich niedriger als die Halle, zwei Kapellen und die Sakristei an. Dem Langhaus waren eine Vorhalle sowie eine weitere Kapelle vorgelagert.

Das Kollegiatstift wurde 1806 aufgelöst, 1808 die Pfarrei an den Dom verlegt. Auf dem freien Immobilienmarkt war die Kirche nicht verkäuflich, sie diente daher 1813 als Pferdestall und ab 1815 als Magazin für Holz- und Strohvorräte. Im Jahr 1818 übernahm der Stadtbaumeister Jordan Maurer die Kirche unentgeltlich mit der Auflage, den östlichen Teil zugunsten einer Erweiterung des Marktplatzes abzubrechen, im westlichen Teil sollten zwei Wohnhäuser entstehen. Baumaterial aus dem Abbruch, vor allem Pfeilerquader, transportierte man nach München und verwendete es dort bei der Errichtung des Palais Leuchtenberg. Seit 1817 gehörten ja weite Teile des alten Hochstifts Eichstätt zum Herzogtum Leuchtenberg. Dessen Fürst Eugène Beauharnais, der Stiefsohn Napoleons, hatte durch seine Heirat mit Auguste Amalie, einer Tochter des bayerischen Kurfürsten Max IV. Joseph, nachhaltig zur 1806 erfolgten Rangerhöhung Bayerns zum Königreich beigetragen. Auch nach der Niederlage Napoleons lebte die Familie Leuchtenberg in Bayern.

1983 wurden die beiden nach 1818 auf der Fläche der ?Kollegiata? errichteten Häuser abgebrochen. Dabei entdeckte Reste der Kollegiatstifts- und Stadtpfarrkirche wurden in den Neubau eines Bankgebäudes integriert.

 

(Laura Scherr)



 

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