Eichstätt, Schottenkloster


 

GESCHICHTE

Eichstätter Schottenkloster - "Jerusalem im Altmühltal"

 

Wertet man die erstmalige Erwähnung eines Klosters als dessen "Geburtsstunde", so erblickte das Schottenkloster in Eichstätt 1166 das Licht der Welt. Besiedelt wurde das Tochterkloster von St. Jakob in Regensburg jedoch mutmaßlich bereits einige Jahre früher 1148 von sechs Mönchen um den Prior Gerhard aus Weih Sankt Peter in Regensburg. Die Entstehung der Schottenklöster, eines Verbandes irischer Benediktinerklöster, repräsentierte im 11. und 12. Jahrhundert die letzte Phase irischen Mönchtums auf dem europäischen Kontinent. Ausgehend von Weih Sankt Peter in Regensburg, wo sich um 1070 der Mönch Marianus und zwei Begleiter niederließen, entwickelte sich, bedingt durch den starken Zuzug irischer Mönche, zunächst das Kloster St. Jakob in Regensburg und schließlich zahlreiche weitere Schottenklöster, etwa in Erfurt (um 1136), Würzburg (1138), Nürnberg (1140), Konstanz (1142), Eichstätt und Wien (1155/61). Die Motive der Gründer waren vielschichtig und lagen zwischen Seelenheil, königlicher Besitzverwaltung, Kanzleitätigkeit, der Schaffung eines geistlichen Zentrums für eine neue Residenzstadt oder ein Pilgerhospiz.

Auch für Eichstätt gilt: keine Gründung ohne Gründer. Bischof Otto von Eichstätt fertigte 1194 einen Stiftsbrief aus und wies Dompropst Walbrun von Reishofen für das Schottenkloster als Gründer aus. Walbrun hatte 1147 am Kreuzzug ins Heilige Land teilgenommen und als Erinnerung an diese Fahrt in der Eichstätter Schottenkirche eine maßstabsgetreue Nachbildung des Heiligen Grabes errichten lassen. Für kranke Kreuzzugsveteranen stiftete Walbrun ein dem Schottenkloster angeschlossenes Hospital. Walbrun blieb nicht der einzige Wohltäter des Schottenklosters, am Tag der Klosterweihe 1194 schenkte Bischof Otto selbst Besitzungen. Ebenfalls noch im Jahr der Weihe nahm Papst Coelestin III. das Kloster in seinen päpstlichen Schutz, bestätigte die bereits verliehenen Besitzungen und verbot Exkommunikation oder Interdikt über das Kloster zu verhängen.

Zu den selbst definierten Aufgaben der Eichstätter Mönche zählten die Beherbergung durchreisender Pilger sowie die Verehrung des Heiligen Grabes. Grundstock für das dem Schottenkloster angeschlossene Leprosenhaus außerhalb der Stadt Eichstätt wurde eine Almosenstiftung des Abtes Donat im Jahr 1210. Über alle Schottenklöster übte der Abt von St. Jakob in Regensburg die eingeschränkte Oberaufsicht aus. 1330 billigte Ludwig der Bayer dem St. Jakober Abt sogar das Recht zu, Strafmaßnahmen über den Eichstätter Abt zu verhängen, sollte dieser eine Unternehmung zum Nachteil St. Jakobs beginnen oder planen.

Finanzielle Probleme und fehlender Nachwuchs hatten schon im frühen 14. Jahrhundert den Verfall des Eichstätter Schottenklosters eingeleitet. Ähnlich erging es zahlreichen vor allem kleineren Niederlassungen der Schotten; Memmingen und Konstanz etwa standen im 14. Jahrhundert schlicht leer. Am Anfang des 14. Jahrhunderts ist in Eichstätt noch ein Abt "H." (1305-1341) urkundlich nachweisbar, bereits 1355 trat Johannes der Schotte nur mehr als Propst und Verweser der Klosterangelegenheiten auf. Ab 1382 wurden Eichstätter Bürger vom Abt des Regensburger Schottenklosters mit Besitzungen belehnt. Regensburg hatte somit nachweisbar die Verwaltung der Eichstätter Schottenniederlassung übernommen. Wahrscheinlich war zu diesem Zeitpunkt kein schottischer Mönch mehr im Eichstätter Kloster. 1422 und 1427 urkundete erneut ein Schotte, Propst Donald Schott, mit dem Regensburger Abtsiegel. Es sollte noch gut 20 Jahre dauern, bis der Bischof von Eichstätt 1441 mit Zustimmung des Abtes Alanus von Regensburg den wirtschaftlichen und personellen Gegebenheiten Rechnung trug und den Eichstätter Propst Domitius von der Residenzpflicht entband. Auf Anordnung des Bischofs ließ Weihbischof Petrus die Gebäude renovieren und ordnete die klösterlichen Liegenschaften.

Im Jahr 1460 war das Eichstätter Schottenkloster gänzlich verwaist. Das Domkapitel zog die Ansiedlung einer neu gegründeten Schwesternschaft in den Klostergebäuden in Erwägung. 1493 erließ Papst Sixtus IV. eine Aufhebungsbulle und beendete damit rechtlich eindeutig die Existenz des Schottenklosters Eichstätt.

Der Abt der Regensburger Schotten, David Cuming, scheiterte 1545 mit dem Versuch das Kloster vom Bischof zurückzuerhalten und selbst Bischof John Lesley gelang 1578 keine Restitution. Über das Präsentationsrecht auf das Eichstätter Kloster verfügte der Regensburger Abt Thomas Anderson noch bis 1545. Papst Pius V. billigte 1566 die Einkünfte der Propstei an das Eichstätter Klerikalseminar zu übertragen, was auf Geheiß des Eichstätter Bischofs bereits von 1563 an geschehen war.

1601 besichtigte Generalvikar Vitus Priefer Kirche und Klostergebäude, konstatierte massive Schäden an der Bausubstanz, setzte sich aber für Erhalt und Renovierung und nicht für Abriss ein. In den folgenden Jahren wechselten sich Renovierungs-, Abriss- und Neubaupläne munter ab. Den aussichtsreichsten Plan entwarf Elias Holl, jedoch scheiterte die Realisierung an Geldmangel. 1611 musste die Kirche wegen Einsturzgefahr geschlossen werden.

Schließlich setzte Bischof Johann von Wetterstetten entschlossene Schritte. Er ließ die Kreuzkirche und die verfallenen Reste des Klosters abreißen und eine neue Kirche errichten, die er 1623 den Kapuzinern übergab. Die Kapuziner wurden somit zu den Hütern der einzigen erhaltenen Nachbildung des Heiligen Grabes im deutschen Sprachraum. Ihren Lebensunterhalt bestritten die Eichstätter Kapuziner - etwa 30 Mönche - durch eine Woll- und Buttersammlung, Almosen sowie eine monatliche freiwillige Unterstützung des Fürstbischofs in Form von Bier, Wein, Fleisch und Fischen. Von der Plünderung Eichstätts durch die Schweden blieb das Kapuzinerkloster verschont. Die schwedischen Soldaten sollen durch gute Worte und einige Maß Bier besänftigt worden sein. Schlimmer als die Schweden hatte zuvor im Jahr 1627 die Pest im Kloster gewütet.

Ab 1688 zählten die Eichstätter Kapuziner zur bayerischen, seit 1770 zur  schwäbisch-pfälzischen Provinz. Auf dem Reichsdeputationshauptschluss wurde das Hochstift Eichstätt 1803 zwischen dem bayerischen Kurfürsten Max IV. Joseph, dem habsburgischen Erzherzog Ferdinand von Toskana und dem König von Preußen aufgeteilt. Erzherzog Ferdinand übernahm unter anderem das Kapuzinerkloster und sicherte dessen Fortbestand zu.

1806 kam das gesamte Hochstift Eichstätt an Bayern, das Kapuzinerkloster Eichstätt wurde Zentralkloster und schließlich unter König Ludwig I. 1826 als Studienkloster wieder errichtet.

Wer jedoch glaubt, heute in Eichstätt noch das Kloster aus dem 17. Jahrhundert besichtigen zu können, irrt gründlich. 1985 bis 1988 wurde das Kapuzinerkloster neu gebaut, das Heilige Grab und die Kirche selbst blieben freilich in ihrer alten Form erhalten.

Heute befindet sich in Eichstätt die Zentralbibliothek der bayerischen Kapuzinerprovinz. Seit 1966 wurden etwa 20 Kapuzinerklöster der bayerischen Provinz aufgehoben, die jeweiligen Bibliotheken in die alte Zentralbibliothek nach Altötting verbracht. Nach dem Tod des Altöttinger Bibliothekars 1997 erwies sich die weitere Selbstverwaltung der Bibliothek durch den Kapuzinerorden als nicht mehr leistbar. So schlossen die Provinz der bayerischen Kapuziner, die Stiftung Katholische Universität Eichstätt und der Freistaat Bayern im Juli 1999 einen Vertrag, der die Zukunft der Zentralbibliothek der Kapuziner regelte. Die bestehende Bibliothek sowie die Bibliotheken aller Konvente, welche in Zukunft noch aufgehoben würden (1999 Vilsbiburg, 2000 Passau), wurden der Universitätsbibliothek Eichstätt übergeben. Auf diese Weise gelangte ein aus etwa 400000 Bänden bestehender Bibliotheksschatz an die Universitätsbibliothek Eichstätt. Viele dieser Bände waren und sind restaurierungsbedürftig, die Bibliothek selbst war nicht katalogisiert. Erste Ergebnisse der Verzeichnung und Restaurierung präsentierte die Universitätsbibliothek Eichstätt 2001/02 in der Ausstellung "Die Zentralbibliothek der Bayerischen Kapuziner seit 1999 in Eichstätt - erste Ergebnisse".

 

(Laura Scherr)

 



 

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