Jüdisches Leben
in Bayern

Windsbach Synagoge

Eine erste Synagoge ist im Urbar der Nürnberger Burggrafen für das Jahr 1360 nachweisbar. Ihr Standort und Aussehen sind jedoch unbekannt. 1707 mussten die jüdischen Haushaltsvorstände vor dem Stadtrat erscheinen und sich wegen eines behördlich nicht genehmigten Gotteshauses rechtfertigen. Dabei handelte es sich jedoch nach Angaben der Gemeinde um einen privaten Betsaal im oberen Stock des Hauses von Moses Neumark, der fast nie benutzt wurde. Mit sechs bis sieben Männern kam in Windsbach noch kein Minjan zustande, und nur beim Aufenthalt fremder Juden wurde Gottesdienst gefeiert. 1727 existierte eine Synagoge mit Torarolle im Ort, doch auch über dieses ist nichts weiter bekannt.

1731 entstand eine neue Synagoge auf dem Anwesen 53b (heute Bahnhofstraße 9) im Hof eines zweigeteilten Grundstücks. Eine Hälfte des Haupthauses gehörte seit 1706 der Familie Levi, der andere Teil ab 1731 Amson Neumark, wodurch die Nutzung für die Gemeinde möglich wurde. Das kleine zweistöckige, aus Backsteinen errichtete Gotteshaus rührte mit drei Seiten an das bestehende Fachwerkhaus an, wodurch eine L-Form entstand. Für den Anbau verlangten die Ansbacher Markgrafen jährlich ein Gulden. Weil der Toraschrein im Osten liegen musste, war der Zugang recht umständlich: Die Gläubigen betraten den Anbau vom angrenzenden Wohnhaus aus, durchquerten den Erdgeschossraum und stiegen an der Westwand eine überdachte Treppe hinauf. Die Frauen kamen durch eine zusätzliche Innentreppe zu einer schmalen Empore. Vermutlich wurden das Erdgeschoss des Anbaus und ein Teil des Haupthauses für Gemeindezwecke benutzt. Die Mikwe befand sich im Keller eines jüdischen Privathauses. 1841 setzte die Kultusgemeinde die neue mittelfränkische Synagogenordnung um und verankerte die Stände im Betsaal fest am Boden. Als dieser Umbau vom städtischen Magistrat kontrolliert wurde, stellte er gravierende Baumängel fest: „Indes ist jeden Augenblick zu befürchten, dass die erhöhten Frauenstände herabbrechen und die unterstehenden Männer erschlagen, da sich das Gemäuer, worauf die Balken ruhen, an einigen Stellen bedeutend gesenkt hat“. Weil eine Sanierung des Gebäudes nicht mehr möglich, sah sich die Kultusgemeinde zu einem Neubau gezwungen. Wegen finanzieller Probleme verzögerte sich das Vorhaben bis 1849, dann ordnete das Landgericht Heilbronn die Schließung und den Abbruch der barocken Synagoge an.

Das neue Gotteshaus sollte auch eine beheizbare Mikwe und Räumlichkeiten für die Schule sowie eine Lehrerwohnung enthalten, um der Gemeinde zusätzliche Kosten zu sparen. Gegen den Bauplatz an der Ausfallstraße nach Heilsbronn am Oberen Tor (Heinrich-Brandt-Straße 2) protestierten die christlichen Bewohner der Stadt, einerseits wegen der erwartbaren Lärmbelästigung und der verkehrstechnisch ungünstigen Lage, mehrheitlich jedoch aus rein antisemitischen Motiven. Die Regierung Mittelfrankens erteilte letztlich die Baugenehmigung mit der Auflage, das Gotteshaus etwas versetzt von der Straße zu errichten. Bis 1850 entstand ein freistehender, zweigeschossiger Satteldachbau, mit dem Haupteingang an der Nordseite. Der Betsaal war im Obergeschoss eingerichtet, mit der Frauenempore als Galerie an der Westwand. Im Erdgeschoss befanden sich die Lehrerwohnung und ein Schulraum, im Untergeschoss lag die Mikwe. Das Ergebnis der jahrelangen Bemühungen um einen Neubau nahm sich letztendlich sehr bescheiden aus und verdeutlicht unter anderem die finanziellen Nöte der kleinen Gemeinde. Immerhin zeigte sich Regierungspräsident Bernhard von Voltz im Frühjahr 1853 „sehr befriedigt“ über das neue Gotteshaus.

Nach dem Novemberpogrom 1938 ging das ausgeplünderte und demolierte Gebäude für 1000 RM in den Besitz der Stadt über. In den frühen Nachkriegsjahren nutzten Jugendverbände das ehemalige Gotteshaus als Versammlungsraum, 1954 ließ ein neuer privater Besitzer das Gebäude zu einem Wohnhaus umbauen. Das ehemalige Synagogengebäude und das Ritualbad sind im Bayerischen Denkmal-Atlas verzeichnet.


(Patrick Charell)

Bilder

Adresse / Wegbeschreibung

Heinrich-Brandt-Straße 2, 91575 Windsbach

Literatur

  • Barbara Eberhardt / Cornelia Berger-Dittscheid: Windsbach. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 2: Mittelfranken. Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Angela Hager unter Mitarbeit von Frank Purrmann und Axel Töllner mit einem Beitrag von Katrin Keßler. Lindenberg im Allgäu 2010, S. 736-756.