Jüdisches Leben
in Bayern

Sickershausen Synagoge

In einem Bericht vom 3. September 1814 wies das Distrikommissariat Marktsteft darauf hin, dass die Sickershäuser Synagoge „seit 50 bis 60 Jahren“ genehmigt sei. Dies legt eine Erbauung in der Mitte des 18. Jahrhunderts nahe. Die Gemeinde verfügte laut dem Marktbreiter Gerichtsarzt Georg Albrecht Weinrich auch über eine Mikwe unter einer baufälligen Hütte, an die ein Bach angrenzte. Wohl dieselbe Mikwe bezeichnete ein späterer Bericht des Kitzinger Distriktsphysikats vom 31. August 1828 als überflüssig. Stattdessen empfahl der Distriktsarzt die Schließung des Tauchbads und die Verweisung der Sickershäuser Jüdinnen an die Mikwaot benachbarter Gemeinden, womit wohl auch Mainbernheim gemeint war. 

In den Jahren 1857 und 1858 führten die israelitische Kultusgemeinde und der Sickershäuser Jude Mayer Wolf einen Rechtsstreit um die Rechte an der Synagoge. Da die Synagoge in einem brettervertäfelten Raum im Dachboden von Wolfs Haus (Michelfelder Straße 1) untergebracht war, wollte dieser verhindern, dass Kerzen unbeaufsichtigt neben dem Thoraschrein brannten. Schließlich verbot die Kreisregierung der Kultusgemeinde, in der Synagoge Lichter zu entzünden. Kurze Zeit danach, im Jahr 1861, feierte auch die wachsende Gruppe der jüdischen Kitzinger, die in der Stadt noch über keinen Betraum verfügten, als Gäste in der Sickershäuser Synagoge Gottesdienst. 

Vermutlich vor dem 1. Weltkrieg wurde eine Fotografie aufgenommen, die das ehemalige Haus des Mayer Wolf zeigt, in dessen Dachboden sich der Gebetsraum der jüdischen Gemeinde befand. Wohl nach Auflösung der Gemeinde und dem Verkauf der Synagoge gelangten die Ritualien der Gemeinde vermutlich Großteils in die Synagoge von Kitzingen, zu deren Beständen im Jahr 1908 eine Thorarolle und zwei Thoramäntelchen aus Sickershausen gehörten. Nach dem Verkauf wurde die ehemalige Synagoge, von der noch die Grundmauern und ein Teil des Erdgeschosses erhalten sind, mehrmals umgebaut. 


(Stefan W. Römmelt)

Adresse / Wegbeschreibung

Michelfelder Straße 1, 97318 Kitzingen

Literatur

  • Elmar Schwinger / Hans-Christoph Dittscheid / Hans Schlumberger: Kitzingen mit Hohenfeld und Sickershausen. In: Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Hg.): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. III/2: Unterfranken Teilband 2.2. Erarbeitet von Cornelia Berger-Dittscheid, Gerhard Gronauer, Hans-Christof Haas, Hans Schlumberger und Axel Töllner unter Mitarbeit von Hans-Jürgen Beck, Hans-Christoph Dittscheid, Johannes Sander und Elmar Schwinger, mit Beiträgen von Andreas Angerstorfer und Rotraud Ries. Lindenberg im Allgäu 2021, S. 1039-1102.