Jüdisches Leben
in Bayern

Bamberg Synagoge

Der erste Synagogenbau entstand bereits vor 1220 und grenzte an einen großen "Judenhof" in der heutigen Judenstraße 1. Dort befand sich vermutlich auch eine Mikwe. 1422 wurde diese Synagoge auf Befehl des Fürstbischofs Friedrich III. von Aufseß (reg. 1421-1431) abgerissen, und statt dessen eine Marienkapelle errichtet (1470 eingeweiht). Diese Kapelle diente nach ihrer Profanierung 1803 als Turnhalle, Wohnung und Lagerraum; nach 1945 nutzte sie die US-Armee. Heute ist das Gebäude wieder ein Gotteshaus und wird von der evang.-freikirchl. Gemeinde als "Christuskirche" genutzt. Im Volksmund aber bezeichnet man sie weiterhin als "Juden-Kapelle".

Nach ihrer Vertreibung aus der Judengasse erbaute die jüdische Gemeinde in ihrem neuen Zentrum auf dem Areal Keßlerstraße - Hellerstraße - An den Stadtmauern - Franz-Ludwig-Straße eine zweite Synagoge. Sie ist ab 1423 erwähnt und wurde bis 1478 benutzt. Vermutlich befand sie sich auf dem Grund der Hinterhäuser Hellerstr. 13/15. Eine archäologische Grabung, bei der man 2003 nahebei auf eine Mikwe und Keramik aus dem späten 15. Jahrhundert stieß, untermauert diese Annahme (heute Dokumentationszentrum An den Stadtmauern 5-7).

Ab 1469 wirkte der berühmte Rabbiner Moses ben Isaak ha-Levi fünf Jahre lang an dieser Synagoge und setzte in dieser Zeit Gemeindereformen durch. Aufgrund der zunehmenden Repressalien verließen in den Folgejahren immer mehr Gemeindemitglieder die Stadt. 1485 befand sich die Synagoge im Besitz von Fürstbischof Philipp von Henneberg (reg. 1475‒1487). Ab 1487 lebten nachweislich keine Juden mehr in Bamberg, daher wurde sie durch ein kaiserliches Dekret zusammen mit dem jüdischen Friedhof dem Nürnberger Juden Jakob Kerpf überlassen. 1493 erwarben zwei Bamberger Bürger den ganzen Synagogenkomplex.

Die jüdische Gemeinde mietete ab 1557 von den Freiherren von Rotenhan das Hinterhaus in der Generalsgasse 15 und richtete hier ihr Gotteshaus ein. Man strebte nun ein Landesrabbinat an, das aufgrund der Wirren des Dreißigjährigen Krieges aber erst 1658 realisiert werden konnte, dann jedoch die Zeiten überdauerte und erst mit dem Judenedikt 1813 aufgelöst wurde. Ein umfangreicher Umbau, der einem Neubau gleichkam, brachte die Erweiterung der bestehenden Synagoge und der Amtswohnungen erfolgte ab 1679, nachdem die Gemeinde ein Jahr zuvor auch das Vorderhaus der Generalsgasse 15 angemietet hatte. 1694 gingen die Synagoge und die dazugehörigen Häuser durch Kauf von der Stadt auf die jüdische Gemeinde über. Anfang des 19. Jahrhunderts reichte der Platz in der Synagoge für die vergrößerte Gemeinde nicht mehr aus. Es galt jedoch finanzielle Schwierigkeiten zu überwinden, bevor man 1851 endlich die vollständige Erneuerung des Gebäudes in Angriff nehmen konnte. Nach Plänen des Bamberger Architekten Wilhelm Ney entstand mit einem Kostenaufwand von 8.000 Gulden ein eindrucksvoller Massivbau in vorwiegend neuromanischem Stil, der 1853 durch den Distriktrabbiner Wolf Cohn eingeweiht wurde. Das Gotteshaus diente der jüdischen Gemeinde bis zur Einweihung der neuen Synagoge 1910 als religiöses Zentrum. Durch die allgemeine Freizügigkeit für die bayerischen Juden 1861 wuchs die jüdische Gemeinde in Bamberg stark an. Zur Jahrhundertwende konnte die Synagoge nicht einmal mehr die Hälfte der Betenden fassen. Daher mietete die Gemeinde zu Hohen Feiertagen die Zentralsäle an der Promenade oder das Vereinshaus der „Gesellschaft Ressource“.

1920 kauften die Gebrüder Hoh, die eine Elektroinstallationsfirma betrieben, den Gebäudekomplex. Im Verlauf des Stadterneuerungsprojekts „Theatergassen“ wurde er abgerissen. Zwei Elemente daraus blieben jedoch bis heute erhalten: das Hauptportal wurde in die neue, 2005 vollendete Synagoge an der Willy-Lessing-Straße eingebaut und die einstige Umrahmung des Toraschreins ist nun ein Bestandteil des Denkmals für die jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges in der Trauerhalle des jüdischen Friedhofs. Eine Gedenktafel (mit dem falschen Datum 1664) erinnert heute daran, dass die Generalsgasse für rund 250 Jahre das Zentrum des jüdischen Lebens in Bamberg bildete.

Für die auf über 1000 Mitglieder angewachsene Gemeinde wurde 1908 eine neue Synagoge in Auftrag gegeben. Als Baugrund erwarb man ein Grundstück an der Ecke Urban-/Herzog-Max-Straße. Der Bamberger Architekt Johannes Kronfuß entwarf ein aus mehreren Baukörpern bestehendes Gotteshaus, das mit seinen Maßen (43 m lang, 30 m breit) und seinem 37 m hohen Turm einen unübersehbaren Akzent im Stadtbild setzte. Es wurde von Rabbiner Dr. Adolf Eckstein in Anwesenheit von zahlreichen Vertretern aus Politik und Kirche am 11. September 1910 eingeweiht. Für die Inneneinrichtung hatte man wertvolles Kunsthandwerk erworben, z.B. einen Toraschrein aus Edelmarmor mit reich verzierten Bronzesäulen. Für die Dachwerke und freitragende Emporen kamen bereits moderne Konstruktionsmittel zum Einsatz; für Heizung und sanitäre Anlagen nutzte man die neueste Haustechnik.

Während der NS-Diktatur kamen viele Kultgegenstände aus den umliegenden, zum Teil bereits aufgelösten Gemeinden in die städtische Synagoge, weil man hoffte, dass sie dort sicher aufbewahrt wären. Doch all diese wertvollen Gegenstände verbrannten zusammen mit der kostbaren Einrichtung in der Pogromnacht zum 10. November 1938, nachdem die Gauleitung in Bayreuth den Befehl gegeben hatte, alle Synagogen im Kreisgebiet zu zerstören. Die Ruine des Bamberger Gotteshauses wurde im Dezember 1938 abgerissen, verbliebene Reste im folgenden Jahr gesprengt. Das Gelände ging in den Besitz der Stadt über, die es an einen Bauunternehmer verpachtete. Er errichtete aus Steinen der ehemaligen Synagoge vier Behelfsheime, die Anfang der 1950er Jahre abgebrochen wurden. Auf dem Areal entstand ein Verwaltungsgebäude der AOK.

Nach Kriegsende wurden Beträume im DP-Lager Ulanenkaserne in der Nürnberger Straße (Stadtteil Wunderburg) und für die DP-Gemeinde in der okkupierten Gaststätte „Weiße Taube“ (Zinkenwörth 15) eingerichtet. Dort hatten Juden vor ihrer Deportation 1941/42 zusammengepfercht ausharren müssen. Eine neu erbaute Mikwe stand in der Kaserne bereit. Über die Ausstattung ist nichts weiteres bekannt, jedoch wurden die notwendigen Ritualien vom JOINT bereitgestellt.




1951 gründete sich die neue IKG Bamberg. Zunächst wurde ein Betsaal im Gebäude Promenade 4 eingerichtet. Nach Umbau und Vergrößerung des Gebäudes zog die Gemeinde 1963 schließlich in die Stadtvilla Willy-Lessing-Straße 7, wo ein Betsaal für 40 bis 50 Personen, Veranstaltungs- und Unterrichtsräume entstanden.


Ab 2003 wurde für die auf rund 900 Mitglieder angewachsene Gemeinde nach Plänen des Architekten Jürgen Rebhan die einstige Nähseidenfabrik Kupfer, Hesslein & Co im Hinterhof (Willy-Lessing-Str. 7a) umgebaut.

Zuschüsse für das 3-Millionen-Projekt leisteten der Freistaat Bayern, der Bezirk Oberfranken, die Stadt Bamberg und zahlreiche weitere Förderer. Für die Inneneinrichtung gingen auch Spenden von der katholischen und evangelischen Kirche ein. Dem dreigeschossigen, langgestreckten Industriebau wurden zwei neue Baukörper angefügt.

Das 2005 eröffnete neue Gemeindezentrum verfügt über einen großen Versammlungssaal, die Synagoge (mit Rundbogenportal aus der ehemaligen Synagoge, angefertigt 1853), Bibliothek, Verwaltungsräume, eine kleine Wochentags-Synagoge und einer mit Regenwasser befüllter Mikwe im Gewölbekeller.


(Christine Riedl-Valder / Patrick Charell)

Adresse / Wegbeschreibung

Willy-Lessing-Straße 7A, 96047 Bamberg

Literatur

  • Angela Hager / Hans-Christof Haas: Bamberg. In: Wolfgang Kraus, Berndt Hamm, Meier Schwarz (Hg.): Mehr als Steine... Synagogen-Gedenkband Bayern, Bd. 1: Oberfranken, Oberpfalz, Niederbayern, Oberbayern, Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager unter Mitarbeit von Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Frank Purrmann. Lindenberg im Allgäu 2007, S. 72-91.
  • Regina Hanemann (Hg.): Jüdisches in Bamberg. Petersberg 2013 (= Schriften der Museen der Stadt Bamberg 51).
  • Adolf Abraham Eckstein: Festschrift zur Einweihung der neuen Synagoge in Bamberg. Bamberg 1910. 2. unver. Nachdruck Bamberg 1989.
  • Joseph Kobak: Die Kron-Juwelen König Ludwig II.: Fest-Rede zur 700jährigen Wittelsbacher Jubiläumsfeier, gehalten in der Synagoge zu Bamberg am 25. August 1880. Bamberg 1880.