Seeon


 

GESCHICHTE

Seeon - Kulturinsel im Seenland

Das Chiemgauer Seenland wurde im 10. Jahrhundert von den Aribonen beherrscht. Diese bedeutende Adelsfamilie errichtete ein Eigenkloster in "Sewa". Man versah es mit Reliquien des hl. Bischofs Lambert von Maastricht. Die Tradition nennt hierfür das Jahr 994. Der Stifter Pfalzgraf Aribo I. († 1001) war nach dem Herzog der zweitmächtigste Mann im damaligen Bayern. Aufgrund der Kontakte Aribos zum hl. Bischof Wolfgang von Regensburg zogen Mönche aus dem Regensburger Reformkloster St. Emmeram nach Seeon. 
Bereits im Jahr 999 erhielt Seeon das Recht der freien Wahl von Abt und Vogt. Es wurde zugleich Reichskloster. Das frühe 11. Jahrhundert sah die Abtei in voller Blüte. Ihre Buchwerkstatt war weithin berühmt. Prachtvolle Handschriften entstanden damals auf der Klosterinsel im Auftrag Kaiser Heinrichs II.
Architektonisches Zeugnis der Orientierung an den Reformideen der Abtei Hirsau ist bis heute die im Kern romanisch schlichte Klosterkirche (geweiht 1200). König Philipp schenkte die bisherige Reichsabtei 1201 gemeinsam mit Frauenchiemsee den Bischöfen von Salzburg. Die Beziehungen zwischen Seeon und Salzburg waren gut. So erhielt Seeon 1412 das geistliche Recht der Pontifikalien. Qualitätvolle Skulpturen bezeugen den Rang des Klosters Seeon als Auftraggeber für die Kunst der Gotik. 
Im frühen 16. Jahrhundert wandten sich viele Seeoner Mönche der Lehre Martin Luthers zu und verließen das Kloster. Nach einer Reform mit Hilfe der Tegernseer Benediktiner auf Initiative Herzogs Albrecht V. erlebte Seeon einen Neubeginn. Auch künstlerisch manifestierte sich die Renaissance in den 1579 geschaffenen Fresken der Klosterkirche. 
Mitten im Dreißigjährigen Krieg legte Abt Honorat Kolb die Grundlagen für den kulturellen Aufstieg Seeons im 17. und 18. Jahrhundert, insbesondere im Bereich der Musik. Kolbs zahlreiche Bauten führten freilich zu einer hohen Schuldenlast des Konvents; schließlich wurde der "bauwütige" Abt abgesetzt. Im Zeitalter des Barock erfuhr Seeon daher, anders als die meisten bayerischen Klöster, keine kostspielige Neuausstattung. Nach 1701 war man aber schuldenfrei. Am Vorabend der Säkularisation zählte Seeon zu den wohlhabendsten Klöstern im alten Bayern. Neben der Klosterhofmark Seeon besaß die Abtei die Hofmarken Obing (seit 1662) und Halfing (seit 1731) mit zusammen knapp 1100 Untertanen. Grundbesitz in Streulage wurde durch die Propsteien Trostberg, Kling, Mühldorf am Inn und Sinning verwaltet. Zudem besaß das Kloster Güter in Tirol und in Niederösterreich.
Die Aufhebung traf Seeon am 22. März 1803. Der 24-köpfige Konvent durfte noch im Kloster bleiben bis zum Verkauf eines Großteils der Gebäude 1804 an den Münchner Bäckermeister Xaver Distler. Die Klosterkirche wurde Pfarrkirche und blieb in Staatsbesitz. 1815 errichtete Distlers Schwiegersohn Georg Reichenwallner in Seeon ein Kurbad. Seit 1816 verbindet ein fester Damm die ursprüngliche Insel mit dem Ufer.
1852 erwarb Dona Amalia (1812-1873), Witwe des Kaisers von Brasilien und Enkelin König Max I. Joseph bon Bayern, den Komplex. Durch Erbschaft gelangte Seeon 1876 in den Besitz der Herzöge von Leuchtenberg. Der Kurbetrieb wurde nun eingestellt. 1892 verkaufte das Haus Leuchtenberg einen Teil der Landwirtschaft an die gräfliche Familie Arco-Zinneberg. Aufgrund ihrer engen Beziehungen zum Zarenhof boten die Leuchtenberger auf Schloß Seeon nach dem ersten Weltkrieg zahlreichen russischen Emigranten Zuflucht. 1933 mußte die Familie Seeon aus finanziellen Gründen versteigern. Das ehemalige Kloster, Kurbad und Schloß wurde SA-Schule, dann Arbeitsdienstlager und Lazarett. Nach dem Krieg beherbergte Seeon zahlreiche Heimatvertriebene und ab 1953 eine Möbelfabrik. Kurzfristig als Seehotel geplant, diente die Anlage ab 1958 als Schule für den Bundesgrenzschutz und später als Kaserne der bayerischen Bereitschaftspolizei. 
Von 1981 bis 1986 im Besitz der Erzdiözese München und Freising, gehört Seeon seit 1986 dem Bezirk Oberbayern. Nach einer aufwändigen Renovierung befindet sich seit 1993 im vormaligen Kloster Seeon das gleichnamige Kultur- und Bildungszentrum des Bezirks Oberbayern. Unter den vielfältigen Aktivitäten des Zentrums ist die Schreibschule zu nennen, mit der in Seminaren und Kursen an die große Tradition der mittelalterlichen Schreibkunst in Seeon angeknüpft wird.

( Christian Lankes )



 

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