Tittmoning, Kollegiatstift


 

GESCHICHTE

Tittmoning, Kollegiatstift ? Hebung des geistlichen Lebenswandels

Intensivierung der Seelsorge und Hebung des geistlichen Lebenswandels waren Ziele, welche sich auf verschiedenen Wegen erreichen ließen. Abgesehen von der Errichtung von Bildungsstätten für Priesteramtskandidaten (Priesterseminar und Universität), war die Gründung weltpriesterlicher Kollegiatstifte ein beliebter und viel beschrittener Weg. kaum mehr weltpriesterliche Kollegiatstifte gegründet, sieht man von Ausnahmen, etwa im Erzstift Salzburg, ab. Mit der Ausnahme Salzburg muss man sich jedoch auseinandersetzen, wenn man sich mit dem im heutigen Oberbayern gelegenen Tittmoning und der Geschichte seines Kollegiatstiftes beschäftigt.

Tittmoning zählte, wie auch Laufen und Mühldorf am Inn, bis zur Napoleonischen Zeit zu den Exklaven des Erzstifts Salzburg, mitten im Einflussbereich von Kurbayern. Als eine salzburgische Besonderheit entstand noch im 17. Jahrhundert eine Reihe von Kollegiatstiften. Sie sollten den geistlichen Lebenswandel der Kleriker fördern. Diese Stiftsherren waren zwar durch Kapitelstatuten, zu gemeinsamem Chorgebet und in der Seelsorge verpflichtet, blieben aber Weltpriester und behielten so ihr privates Eigentum.

Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau hatte 1610 zunächst das Stift Mühldorf am Inn ins Leben. gerufen Es folgten 1618 das Kollegiatkapitel Laufen, 1631 das so genannte ?Schneeherrenstift? am Salzburger Dom sowie im Jahr 1633 das Kollegiatstift Tittmoning, gegründet durch Erzbischof Paris Lodron. Hier wirkte kurzfristig von 1640 bis 1642 als Kanoniker Bartholomäus Holzhauser, Begründer der Bartholomäer.

Während das Kollegiatstift in Mühldorf am Inn 1803 der Säkularisation zum Opfer fiel und die Tittmoninger Niederlassung der Augustinereremiten 1806 aufgehoben wurde, blieb das Kollegiatstift Tittmoning als Institution erhalten.

Im Jahr 1816 beschädigte jedoch ein Brand die Stifts- und Pfarrkirche St. Laurentius schwer. Alle Dächer, das Langhausgewölbe sowie die gesamte Inneneinrichtung wurden ein Raub der Flammen. Die Kirche wurde im Stil des Spätklassizismus wieder errichtet bzw. renoviert. Maurermeister Lorenz Brandl aus Tittmoning leitete den Wiederaufbau. Der heutige Besucher trifft beim Eintritt auf einen dreijochigen Saalbau mit eingezogenem Chor. Unter dem Chor befindet sich eine Krypta mit Rippengewölbe, in der früher die Gruft der Stiftsherren untergebracht war. An Stelle des eingestürzten Steingewölbes im Langhaus errichtete Lorenz Brandl ein Schalengewölbe aus Holz. Steine des abgetragenen Stadtwachtturms und der Platzkapelle St. Katharina fanden eine Zweitverwendung bei den Instandsetzungsarbeiten an St. Laurentius.

Mit der Orgel aus dem Inseldom von Herrenchiemsee, dem 1817 aus dem Eichenholz von acht Bücherschränken der Klosterbibliothek von Raitenhaslach gefertigten Chorgestühl, sowie einem Pflaster ebenfalls aus der Klosterbibliothek von Raitenhaslach, erhielt St. Laurentius einige denkwürdige neue Einrichtungsgegenstände. Der Staat stiftete aus der Gemäldegalerie in Schloß Schleißheim einige Bilder als Ersatz für die vernichteten Altargemälde. Eines der beiden über dem Chorgestühl angebrachten Gemälde zeigt die ?Kreuzabnahme Christi? und hing früher im Zisterzienserkloster Ebrach. Von Cosmas Damian Adam ursprünglich für das Benediktinerkloster Weihenstephan gemalt wurden mehrere zu beiden Seiten des Chorbogens platzierte Bilder (?Der hl. Schutzengel führt einen Pilgerknaben durch die Gefahren des Lebens zum Himmel?, ?Immaculata?). Im Zuge der Umbaumaßnahmen erfolgte auch die Verlegung des Friedhofs vor die Stadt, die um die Stiftskirche angelegten Gräber wurden aufgelassen.

Der äußere Eindruck eines spätgotischen Tuffsteinquaderbaues ist noch vorhanden, wird aber durch spätere Zu- und Anbauten merklich verfremdet. So wurde 1634 für das neu gegründete Kollegiatstift eine zusätzliche Sakristei auf der Kirchennordseite angebaut. Die bestehende Sakristei stockte man auf und verwendete den gewonnenen Raum als Archivbau.

(Laura Scherr)



 

SUCHE

LAGE IN BAYERN
Kartenausschnitt in Google Maps anzeigen